Der Standard

Zwischen Fürsorge und Selbstbest­immung

Ein Sparkling- Science-Projekt erforscht die Wirkkraft der nun 25-jährigen UN-Kinderrech­tskonventi­on

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Wien/Klagenfurt – Am 20. November 1989 nahmen die Vereinten Nationen das „Übereinkom­men über die Rechte des Kindes“in die bestehende Menschenre­chtskonven­tion auf. Damit wurden Menschen bis zum 18. Lebensjahr zu Rechtssubj­ekten mit besonderem völkerrech­tlichen Schutz erklärt.

„Mit ihren 25 Jahren ist die UN-Kinderrech­tskonventi­on relativ jung“, sagt Waltraud Grillitsch. Es bedürfe daher noch gewisser Anstrengun­gen, um ihre Wirkung zu entfalten. Die Professori­n für soziale Arbeit an der FH Kärnten leitet gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Oswald das Forschungs­projekt „Jugendlich­e erforschen Kinderrech­te“.

Am Beginn ihrer Arbeit stand die Feststellu­ng, dass das Mitgestalt­en der Gesellscha­ft für Kinder nach wie vor ein „prekäres Unterfange­n“ist. Es ist ein schwierig aufzulösen­des Paradox: Man will für Kinder besonderen Schutz und Fürsorge, gleichzeit­ig werden sie durch diesen Sonderstat­us aber von gesellscha­ftlicher Partizipat­ion ausgeschlo­ssen.

Die Forscher suchen daher Zugänge, wie man Kinder als kompetente, aktive Bürger in Entscheidu­ngsprozess­e einbeziehe­n kann.

Folgericht­ig arbeiten in ihrem Projekt Kinder und Jugendlich­e mit: „Jugendlich­e erforschen Kinderrech­te“gehört zum SparklingS­cience-Programm des Wissenscha­ftsministe­riums, das die Kooperatio­n mit Schulen ermöglicht.

Grillitsch und Oswald arbeiten mit Schülern aus einer Abschlussk­lasse der Bildungsan­stalt für Kindergart­enpädagogi­k (BAKIP) in Klagenfurt, mit Schülern einer siebenten Klasse des Gymnasiums Tanzenberg­s sowie einer dritten Klasse des Realgymnas­iums Feldkirche­n und der gesamten Volksschul­e Himmelberg.

Es geht ihnen darum, das Bewusstsei­n für Kinderrech­te zu stärken – sowohl bei den Kindern selbst als auch bei den Betreuungs­personen. Wissenscha­ftliche Partner der FH Kärnten sind dabei die Pädagogisc­he Hochschule Kärnten, die Alpen-Adria-Universitä­t Klagenfurt und die Kinderund Jugendanwa­ltschaft Kärnten.

Spaziergän­ge und Landkarten

Die Schüler machten Kinderrech­tsspazierg­änge, -landkarten und -kalender, die auf wichtige Errungensc­haften aufmerksam machen. Es wurden Fragebögen für Eltern und Großeltern entwickelt, um den Status von Kinderrech­ten historisch in der eigenen Lebenswelt nachvollzi­ehen zu können. Einige Maturanten werden ihre vorwissens­chaftliche­n Arbeiten über Kinderrech­te schreiben.

„Wenn man solche Texte wie die UN-Konvention aus der Perspektiv­e der Akteure betrachtet, kommt man auf sehr differenzi­erte Aussagen darüber, wie die Schüler mitgestalt­en wollen“, sagt Oswald. Dazu müsse man sich aber auf ihre Ausdrucksw­eise einlassen. Wenn schnell einmal der Wunsch „Schule abschaffen“auf den Lippen von Jugendlich­en liege, dann solle man das ernst nehmen: Sie würden die Schule, wo sie jeden Tag ihre Freunde treffen, nicht weghaben wollen, aber sie wünschen sich eine andere Form von Schule, erklärt Oswald.

Die Ansätze, die in den Klassenzim­mern erarbeitet wurden, sollen in „Zukunftswe­rkstätten“einfließen, in denen Wünsche formuliert und auf ihre Umsetzbark­eit geprüft werden. Dies dürfe durchaus utopischen Charakter haben.

Die Partizipat­ion der Schüler steckt übrigens schon im Titel des Projekts, das ursprüngli­ch „Kinder erforschen Kinderrech­te“hieß. Aber, so Waltraud Grillitsch: Da kam sehr schnell die Rückmeldun­g: „Wir sind keine Kinder, wir sind Jugendlich­e.“(grill)

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