Der Körper gehört den Labyrinthen seiner Umwelt
Warum professionelle wie nichtprofessionelle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Workshops zu Entdeckungsreisenden werden. Und wie deren Expeditionen in jene inneren Zonen des Kulturellen führen, die aus ihnen machen, was sie sind.
Wien – „Mein Körper“, sagt der Körper gern. Denn er kann eine Außenperspektive auf sich selbst einnehmen. Das wirkt dann so, als wären die reflexionsorientierten Bereiche des Körpers etwas anderes als der „eigentliche“Körper.
Wer auf diese Projektion hereinfällt, glaubt mit der Zeit, einen Körper zu haben, ihn also zu „besitzen“. Tatsächlich ist es gerade umgekehrt: Dein Körper hat dich.
Er macht den Geist. Die Psyche, das Ich, alles Denken, Fühlen und Handeln kommen aus der fantastischen Kunst seiner virtuellen Realität.
Daher scheint dieser Körper wie geschaffen dafür, insgesamt zur Kunst zu werden – zum Spieler, Agenten, Performer und Tänzer – und sich so, salopp gesagt, als per- sonifizierter Diskurs („Erörterung“) in seine Umgebung zu projizieren. Diese – soziale, gesellschaftliche, politische und kulturelle – Umgebung beeinflusst den Körper so sehr, dass sie ihn buchstäblich in Besitz nimmt.
Von der ersten Lebenssekunde an gehört niemand sich selbst, sondern seiner jeweiligen kulturellen, politischen, gesellschaftlichen und sozialen Umwelt.
Alle 250 Workshops bei Impulstanz machen auf ganz unterschiedliche Art erfahrbar, was das für den Körper bedeutet. Ob nun bei Benoît Lachambres Body Reflection Or Many States Of Being – Körpererweiterung und Raumbewusstsein führen zu Möglichkeiten, sich zu zentrieren – oder im „Powerhouse“von Gabriella Ciminos Original Pilates: Hier kann der Körper wählen, was ihn am stärks- ten berührt. Jedenfalls wird er seinen Prioritäten folgen und sich in der ihn umgebenden Dynamik positionieren.
Bei Empty Body des aus Iran stammenden Parisers Mehdi Farajpour etwa kommen Sufismus, persische Poesie mit der „westlichen“Perspektivierung von Theater und Tanz zusammen. Da wer- den unterschiedliche Kulturräume ineinandergeschoben, um in deren Überschneidungen einen Zustand der Leere zu erzeugen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Kursen sind Entdeckungsreisende, deren Expeditionen etwa auch zu Louise Höjer führen können. Sie führt in die künstlerische Praxis von Tino Sehgal ein, mit dem (und Rio Rutzinger) sie die Workshop- und Research-Reihe „visual arts X dance“kuratiert hat.
Des Körpers Ariadnefaden
Im Arsenal sind nette Leute zu sehen, die entspannt in zwei Pools planschen: hochaufgeladene Körper zwischen starken Lern- und Trainingserfahrungen. Zwischen Body Work und Mamadou M’Bayes African Dance zum Beispiel oder Zvi Gotheiners Ballet for Contemporary Dancers und Michele Rizzos Higher bei „visual arts X dance“.
Im Prinzip spinnt sich jeder Körper den Ariadnefaden, der ihn durch das Impulstanz-WorkshopLabyrinth führt, selbst. Dabei kann es hilfreich sein, sich vorzustellen, dass dieses ein Labyrinth innerhalb des größeren, kulturellen Irrgartens ist, der zahllose Zentren hat, aber keinen Ausgang.
Dort setzen sich die Auswirkungen der Workshops um – egal, ob bei Kunstschaffenden oder jenen, die einfach aus Freude an der Sache dabei sind.
Alle Körper tragen kulturelle Dynamiken in und mit sich. Wer künstlerisch mit diesen Diskursen arbeitet, eignet sich noch ein besonderes, emotionales und rationales Reflexionswerkzeug an.
Wer „visual arts X dance“und Tanz-Workshops miteinander kreuzt, kann sich in Verbindungsmöglichkeiten zwischen mehreren Genres vertiefen. Den Versuch ist es wert. pwww. impulstanz.com/workshops