Die Wirtschaftsideen des Sebastian Kurz
Sebastian Kurz ist derzeit omnipräsent. Seine Forderungen nach Ein-Euro-Jobs und einem Burkaverbot ärgern den Koalitionspartner. Der Integrationsminister ist aber auch außerhalb seiner Kernkompetenzen unterwegs. In Alpbach präsentiert er kommende Woche im Rahmen einer Diskussion die Initiative „Welt.Wirtschaft.Österreich – Erfolgsideen für unser Land“, also ein Thema, das eigentlich mehr bei Parteichef und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner angesiedelt ist. Kurz wolle sich thematisch breiter aufstellen, auf einen potenziellen Wahlkampf als ÖVP-Spitzenkandidat vorbereiten, munkeln so manche Schwarze. „Das liegt auf der Hand“, sagt einer.
Im Kurz-Büro bestreitet man derartige Ambitionen natürlich vehement. Man solle da nichts hineininterpretieren. Wirtschaft sei von jeher auch Thema des Außenministeriums gewesen. Schließlich seien die Botschaften im Ausland zentrale Anlaufstellen für die heimischen Betriebe. „Wir machen nur unseren Job“, sagt ein Sprecher.
Kurz sorgt freilich nicht nur ÖVP-intern für Gesprächsstoff, sondern auch in der SPÖ. Unter Kanzler Christian Kern wurde er zum koalitionären Reibebaum. Staatssekretärin Muna Duzdar soll als Gegenpol beim Integrationsthema positioniert werden. Kern selbst mischte sich zuletzt mit seiner TürkeiKritik massiv in die Außenpolitik ein. Als Hauptkonkurrent wird also längst nicht mehr Mitterlehner, sondern Kurz gesehen. (go)
Vor hundert Tagen ist Christian Kern (SPÖ) als neuer Kanzler angelobt worden. „Wenn wir dieses Schauspiel weiter liefern, ein Schauspiel der Machtversessenheit und der Zukunftsvergessenheit, dann haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall“, sagte Kern damals zur Zusammenarbeit der Koalition. Einige Monate sind vergangen, und das Schauspiel sieht jetzt nicht viel anders aus als vor dem Kanzlerwechsel.
Ein Beispiel: Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) fordert verpflichtende Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge. Mit der SPÖ hat Kurz diesen Vorschlag nicht besprochen – daraufhin hat Regierungskoordinator Thomas Drozda (SPÖ) den Minister öffentlich gerügt. Als Reaktion darauf hat wiederum ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald den Koalitionspartner dazu aufgefordert „vor der eigenen Haustüre zu kehren“. Sogar über das Gebot, sich gegenseitig nicht schlechtzureden, kann diese Koalition streiten.
Gewohnheiten abzulegen ist zwar schwer, es wäre aber der bessere Weg für SPÖ und ÖVP, mit ihren Traditionen zu brechen. Unser Hirn speichert Routinen ab und reagiert wie mechanisch auf bestimmte Reize. So greift man automatisch nach dem Aufstehen zum Smartphone, obwohl man sich vorgenommen hat, weniger Zeit im Netz zu verbringen. Der Wille allein reicht nicht, wir müssen uns neue Gewohnheiten antrainieren. Vielleicht braucht die Regierung dazu psychologische Beratung.