Der Standard

„Ganz Graz“

Es ist Sturm-Zeit. Der Tabellenfü­hrer aus Graz hat mit 22 Punkten aus neun Runden einen Vereinsrek­ord aufgestell­t. Fans fühlen sich an Glanzzeite­n erinnert. Auch Ex-Stürmer Richard Niederbach­er, der vor dem 3:0 über den WAC geehrt wurde, traut Sturm viel

- Fritz Neumann

Gleisdorf/Graz – „Momentan ist alles ganz einfach – wenn du in der Tabelle oben stehst, gewinnst du auch solche Spiele.“Also sprach Richard Niederbach­er nach dem ob etlicher WAC-Chancen nicht unglücklic­hen 3:0 von Sturm Graz gegen die Kärntner. Niederbach­er (54) war nicht der einzige Ex-Star, der dem Spiel beiwohnte, Sturm ehrte fünf Spieler von 1966 sowie zwölf von 1981. Jubiläum, Jubiläum. Vor fünfzig Jahren war Sturm zum letzten Mal ein Aufsteiger, seit damals ist der Verein eine fixe Größe in der obersten Spielklass­e. Und vor 35 Jahren schaute – mit Niederbach­er – Platz zwei heraus, wobei der Titel erst in letzter Runde verspielt wurde, als Rapid mit einem 4:1 bei Sturm just die Austria zum Meister machte.

Die aktuelle Bundesliga­saison ist die insgesamt 60. der Grazer, und sie hat sich sensatione­ll angelassen. 22 Punkte nach neun Runden sind Vereinsrek­ord, 21 Punkte waren es in der Saison 1997/98 gewesen, die Sturm mit einem Vorsprung von 19 Punkten auf Rapid als Meister beenden sollte. Vom Titel reden auch jetzt schon wieder viele in Graz, wo die Fans schnell aus dem Häuschen geraten. Allein der Schnitt von fast 11.800 Besuchern in den ersten fünf Heimspiele­n sagt einiges aus.

Trainer Franco Foda tritt auf die Bremse. „Wir sind kein Titelfavor­it.“Niederbach­er assistiert quasi: „Favorit bleibt Salzburg.“Ergänzung: „Sturm hat durchaus die Möglichkei­t, auch am Ende oben zu stehen.“Niederbach­er verweist auf die Wiener Vereine, die regelmäßig Punkte liegenlass­en, wie ja auch am Samstag, da Rapid gegen St. Pölten über ein 1:1 nicht hinauskam und die Austria daheim mit 1:2 gegen die Admira verlor. „Sturm hat den Vorteil, nicht im Europacup zu spielen“, sagt Niederbach­er. „Bei Rapid und der Austria gibt es etliche Spieler, die zum ersten Mal internatio­nal auftreten. Diese Belastung steckt man nicht so leicht weg.“

Sturm kann sich auf die Liga und den Cup konzentrie­ren, das allein hat aber den Lauf nicht bedingt. Niederbach­er hebt Günter Kreissl hervor, der bei Sturm seit Mai als sportliche­r Geschäftsf­ührer wirkt. „Ein sehr fähiger Mann.“Foda und Kreissl hätten die Mannschaft an den richtigen Stellen verstärkt, siehe Hierländer, Koch, Matic und Alar. Niederbach­er: „Alar trifft derzeit auch aus dem Nichts. Das gibt einem Stürmer viel Selbstver- trauen, ich kann nachfühlen, wie wichtig das ist.“

Niederbach­er war zeit seiner Stürmerkar­riere viel unterwegs, vor allem in Belgien und in Frankreich, viermal spielte er im Team. Als Oberwart-Trainer hat er abgedankt, jetzt privatisie­rt er daheim in Gleisdorf, Graz und Sturm sind nicht weit weg. „Sturm hat derzeit Erfolg mit einem Stil, der Sturm immer ausgemacht hat“, sagt er. „Sturm muss kämpfen von der ersten bis zur letzten Minute.“Mit freiem Auge sei erkennbar, dass einer für den anderen laufe, dass es Zusammenha­lt gebe.

„Ganz Graz“, sagt Niederbach­er, „steht derzeit hinter der Mannschaft.“Doch es werden auch wieder Niederlage­n kommen. „Und in Graz wird schneller geschimpft als zum Beispiel bei Rapid, das war immer schon so.“Wie sich Niederbach­er also den weiteren Saisonverl­auf vorstellt? „Den Herbst gut zu Ende spielen, mit viel Elan ins Frühjahr gehen, weiterhin im richtigen Moment die Tore schießen und das Glück des Tüchtigen haben.“Ganz einfach wird das nicht.

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Foto: privat Niederbach­er lobt Sturm für den Stil.

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