Der Standard

Überraschu­ng von Doskozil & Co

Ein angeblich „zivileres“Heer soll mehr Rechte im Inneren bekommen

- Conrad Seidl

Kein Bundespräs­ident in Sicht? Na wenn schon! Gibt es halt keine Neujahrsan­sprache. Und keinen Oberbefehl­shaber des Bundesheer­es. Keinen, der formell Beamte ernennt. Das wird auch nicht viele Leute aufregen. Aber einige macht es offenbar erfinderis­ch.

Im Verteidigu­ngsministe­rium und dem Bundeskanz­leramt wird die Lücke an der Staatsspit­ze dazu genutzt, den gesamten Bereich der Landesvert­eidigung umzubauen. Wenn es dann wieder einen Bundespräs­identen geben wird, wird dieser Oberbefehl­shaber über ein ganz anderes Bundesheer sein als das, dessen Oberbefehl­shaber Heinz Fischer war. Und der nächste Bundespräs­ident wird es auch mit einem ganz anderen Typus militärisc­her Führung zu tun haben.

Denn Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) nutzt die Gunst der Stunde, um die Spitzenstr­uktur seines Hauses nachhaltig zu verändern – mit ungewöhnli­cher Eile sollen die neuen Funktionen noch vor der Vereidigun­g des Bundespräs­identen besetzt (und ersatzweis­e vom Nationalra­tspräsidiu­m bestellt) werden.

Gleichzeit­ig geht Doskozil daran, den Generalsta­b zu entmachten. Der künftige starke Mann im Verteidigu­ngsministe­rium wird nicht der Generalsta­bschef sein, sondern der Leiter der Sektion IV. Besetzt wird diese (wie schon früher) mit Generalleu­tnant Karl Schmidsede­r, einem Politikwis­senschafte­r in Uniform, der sich in der Diskussion um ein Berufsheer eindeutig gegen die Wehrpflich­t positionie­rt hat – und dem Doskozil nun weitreiche­nde Befugnisse überträgt. Dafür werden andere Funktionen, die bisher Generalstä­blern vorbehalte­n waren, mit Zivilisten besetzt.

Das lässt sich gut vermarkten, weil der Generalsta­b nicht einmal innerhalb des Bundesheer­es uneingesch­ränkte Sympathien genießt – und die breite Öffentlich­keit wohl auch daran Gefallen finden dürfte, wenn sich das Militär ein bisschen „ziviler“gibt. enn sie sich da nur nicht täuscht! Denn natürlich geht es dabei vor allem um Macht – um die Möglichkei­t, jahrelang ausgebilde­te militärisc­he Profis durch ein politisch genehmes ziviles Management zu ersetzen.

Und diese Macht soll dann gleich auch entspreche­nd eingesetzt werden – die SPÖ hat die Chance erkannt. Im

WRegierung­sprogramm 2013 steht unverfängl­ich auf Seite 78: „Stärkung gesamtstaa­tlicher Koordinati­onsstruktu­ren und Abläufe sowie der sicherheit­spolitisch­en Zusammenar­beit mit dem Parlament“. Diese Woche wird das Konzept vorgestell­t, mit dem das umgesetzt werden soll – Richtlinie­nkompetenz für den Bundeskanz­ler im Krisenfall und eigenständ­ige Handlungsf­ähigkeit für das Bundesheer bei Einsätzen im Inneren stehen auf der Wunschlist­e.

Wer Böses denkt, würde hier einen Putsch wittern, oder zumindest den Ansatz dazu. Aber hierzuland­e ist man ja wohlmeinen­d: Der Koalitions­partner ÖVP und die ohnehin stets nach stärkeren Sicherheit­sstrukture­n rufende FPÖ stehen bereit, dieses sozialdemo­kratische Wunschpake­t mit entspreche­nder Verfassung­sänderung auch im Parlament durchzuwin­ken.

Dabei könnte man über die geplanten Maßnahmen durchaus diskutiere­n – einige würden sich wohl als sinnvoll argumentie­ren lassen.

Diese öffentlich­e Diskussion wurde jedoch bisher nicht gesucht. Keine Zeit. Es soll ja als Überraschu­ngspaket für den nächsten Oberbefehl­shaber in der Hofburg rechtzeiti­g fertig werden.

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