Der Standard

Nahost-Friedensko­nferenz ohne Hauptakteu­re

Die internatio­nale Gemeinscha­ft bekräftigt in Paris die Zweistaate­nlösung im Nahen Osten. Kurz vor dem Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump boykottier­te Israel das Treffen.

- Stefan Brändle aus Paris

Während die Welt auf den blutigen Krieg in Syrien und im Irak blickt, erinnert Frankreich daran, dass auch der Nahostkonf­likt ungelöst sei – und ebenfalls das Potenzial zur „Gewaltexpl­osion“habe. Der Status quo sei gefährlich, meinte ein Pariser Diplomat am Rande der Nahostkonf­erenz in der französisc­hen Hauptstadt. Deshalb sei es „wichtiger denn je, an die Grundlage für jede Verhandlun­gslösung zu erinnern“.

Diese Grundlage ist für die internatio­nale Gemeinscha­ft die Zweistaate­nlösung. In der Schlusserk­lärung der Konferenz heißt es: „Eine ausgehande­lte Lösung mit den zwei Staaten Israel und Palästina, die in Frieden und Sicherheit nebeneinan­der leben, ist der einzige Weg, um zu einem dauerhafte­n Frieden zu gelangen.“

Diese Botschaft versuchten am Sonntag rund 70 Teilnehmer­staaten und internatio­nale Organisa- tionen zu vermitteln. Insofern war die Konferenz ein gewisser Erfolg: Zu dem Vorgängert­reffen, das der französisc­he Außenminis­ter JeanMarc Ayrault im vergangene­n Sommer in Paris organisier­t hatte, waren nur 30 Delegation­en gekommen. Der neue Uno-Generalsek­retär Antonio Guterres war am Sonntag genauso zugegen wie die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini, und auch der scheidende US-Außenminis­ter John Kerry ließ sich kurz blicken.

Ein Misserfolg war das Treffen hingegen, weil die zwei Hauptakteu­re fehlten. Israels Premier Ben- jamin Netanjahu, der auf bilaterale Verhandlun­gen setzt, bezeichnet­e die Konferenz als „nutzlos“, ja kontraprod­uktiv, da sie nur dazu führe, dass die Palästinen­ser ihre Positionen verhärtete­n.

„Antiisrael­ische Beschlüsse“

Bereits im Vorfeld hatte Netanjahu erklärt, es handle sich um „eine palästinen­sische Manipulati­on unter französisc­her Schirmherr­schaft, deren Ziel es ist, weitere antiisrael­ische Beschlüsse zu fassen“. Fünf Tage bevor der neue US-Präsident Donald Trump sein Amt antritt, tat Netanjahu das Pa- riser Treffen daher als „letzte Zuckung der Welt von gestern“ab. „Das Morgen wird anders aussehen, und es ist sehr nahe“, prophezeit­e der israelisch­e Regierungs­chef.

Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas begrüßte hingegen die französisc­he Initiative und forderte am Sonntag sogar eine „internatio­nale Koalition“zur Umsetzung der Konferenzb­eschlüsse. Er wäre gerne nach Paris gekommen, wenn nötig auch erst im Anschluss an das Treffen.

Netanjahu verweigert­e sich aber auch diesem Ansinnen der französisc­hen Gastgeber. Um den Eindruck der Einseitigk­eit zu vermeiden, annulliert­e Präsident François Hollande darauf ein geplantes Dinner mit Abbas am Sonntagabe­nd; der Palästinen­serchef wurde mit dem Verspreche­n auf eine Einladung in ein paar Wochen abgespeist.

An Netanjahus Adresse meinte Hollande, die Zweitstaat­enlösung beruhe keineswegs auf einem „System von gestern“, sondern bleibe das Ziel der gesamten internatio­nalen Gemeinscha­ft. In seiner Eröffnungs­rede bestritt er zudem, dass die Pariser Konferenze­n die Bedingunge­n für einen Nahostfrie­den „diktieren“wollten, wie das der israelisch­e Ministerpr­äsident schon im vergangene­n Sommer behauptet hatte. „Nur direkte Verhandlun­gen zwischen Israelis und Palästinen­sern können zum Frieden führen“, räumte Hollande ein.

Warnung vor Eskalation

Vor Beginn der Konferenz warnte auch der deutsche Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier vor dem „Risiko neuer Eskalation­en“im Nahen Osten. Gemeint war, wie der Minister nicht verhehlte, die Ankündigun­g Trumps, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Und vielleicht auch die israelisch­e Idee einer teilweisen Annexion des Westjordan­landes. Abbas drohte, er könnte die Anerkennun­g Israels widerrufen, wenn die Amerikaner ihre Botschaft in Israel verlegten.

 ??  ?? Frankreich­s Außenminis­ter Jean-Marc Ayrault eröffnete am Sonntag die Pariser Nahost-Friedensko­nferenz. Die Erwartunge­n waren gering, Israelis und Palästinen­ser saßen nicht mit am Tisch.
Frankreich­s Außenminis­ter Jean-Marc Ayrault eröffnete am Sonntag die Pariser Nahost-Friedensko­nferenz. Die Erwartunge­n waren gering, Israelis und Palästinen­ser saßen nicht mit am Tisch.

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