Der Standard

Das Bundesheer ist reformiert – auf dem Papier

Neuglieder­ung und Investitio­nsprogramm laufen trotz wackeliger Finanzieru­ng

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Die jüngere Vergangenh­eit des Bundesheer­s war keine besonders erfreulich­e – und Hans Peter Doskozil vermittelt gerne den Eindruck, dass nun alles ganz anders wird: Jahrelang hat man sich von Sparprogra­mm zu Sparprogra­mm gehangelt, Improvisat­ion war Trumpf. Vernachläs­sigt wurden Aufbau und Ausbildung der Miliztrupp­en.

„Wir haben ganze Generation­en von Generalstä­blern, die die als lästig empfundene Miliz und die ‚lästigen Grundwehrd­iener zurückgedr­ängt‘ haben, um strukturbe­gründende Auslandsei­nsätze zu rechtferti­gen“, sagt ein Insider, der nicht genannt werden will. Allerdings sei fraglich, ob man politisch mit „bewaffnete­r Entwicklun­gshilfe“reüssieren könne.

Unter Doskozil wurde daher der Sparkurs beendet und in großer Eile eine neue Heeresglie­derung beschlosse­n, die auch die Zustimmung des Koalitions­partners hat. Seit 1. Jänner gibt es vier Kommanden (Landstreit­kräfte, Luft- streitkräf­te, Logistik sowie Einsatzunt­erstützung und Cyberdefen­ce) – wobei sich die Neuerungen bis hinunter zur Truppe fortsetzen: In jedem Bundesland soll ein zusätzlich­es Bataillon aufgestell­t werden, wobei die in die hunderte Millionen Euro teure Finanzieru­ng nicht gesichert erscheint. Das Finanzmini­sterium gibt nämlich immer nur Teilbeträg­e der politisch zugesagten Gelder frei, und auch die Organisati­onspläne sind – obwohl die Gliederung auf dem Papier bereits eingenomme­n ist – vom Bundeskanz­leramt noch nicht bestätigt.

Ein Sprecher des Ministeriu­ms mag in diese Warnung nicht einstimmen: „Die Aufstellun­g neuer Bataillone passiert nicht von einem Tag auf den anderen – das beginnt einmal mit einer Kompanie. Im Budget bis 2020 geht sich alles aus.“

So sollen 40 Allschutzt­ransportfa­hrzeuge, Dingo, um insgesamt 51 Millionen Euro beschafft werden, auf der Einkaufsli­ste ste- hen außerdem 34 Mannschaft­stransport­panzer, Pandur, für die 2017 48,5 Millionen Euro aufgewende­t werden.

Bei der dringenden Erneuerung der leichten Jet-Flotte (derzeit Saab 105OE) steht eine weitere Millioneni­nvestition an, Finanzieru­ng offen. Und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat in seiner vielbeacht­eten Rede Einsparung­en von 3,4 Milliarden Euro angekündig­t. Man weiß aus Erfahrung, dass davon wohl auch das Militär betroffen sein wird.

Dabei hatte man sich im Heer endlich abgesicher­t gefühlt: Die Militärkom­manden wurden mitsamt ihren territoria­len Aufgaben von Doskozil bestätigt, auch die Militärmus­ik wird weiter bestehen. Geführt wird das Ganze allerdings teilweise von Offizieren, die die früheren Sparkurse und sogar die inzwischen ad acta gelegten Berufsheer­pläne aktiv unterstütz­t hatten. Für Doskozil heißt es daher, die richtigen Führungska­der zu wählen. (cs, nw)

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