Der Standard

Kern stellt der ÖVP Ultimatum: Klarheit bis Freitag

Kanzler Christian Kern fordert von der ÖVP „Klarheit“ein: Bis Freitag müsse es ein Bekenntnis zu gemeinsame­n Maßnahmen in der Regierung geben. Für Mittwoch ist eine große Verhandlun­g angesetzt.

- Katharina Mittelstae­dt Michael Völker

Wien – Am Dienstag ist die Situation in der Koalition erneut eskaliert. Vorwürfe auf beiden Seiten, schwere Verstimmun­g und Verärgerun­g. Die SPÖ wirft der ÖVP vor, den Neustart des Regierungs­programms bewusst zu verzögern und alles daran zu setzen, die Vorschläge von Kanzler Christian Kern scheitern zu lassen. Die ÖVP wiederum beschuldig­t Kern, sich längst im Wahlkampf zu befinden und Neuwahlen anzustrebe­n. Der ÖVP solle nur die Schuld für das Ende der Koalition zugeschobe­n werden.

Die entscheide­nde Frage ist, ob und wann eine Einigung auf ein neues Regierungs­programm und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung gefunden werden kann. Für Bundeskanz­ler Kern ist das der Freitag. Im Gespräch mit dem Standard findet er klare Worte: „Wir brauchen diese Klarheit. Wir müssen Ergebnisse auf den Tisch legen, sonst braucht es diese Regierung nicht mehr.“Irgendwann sei nämlich der Tag gekommen, an dem es verständli­ch sei, wenn man zum Partner sage: „Ihr seid zu weit gegangen.“

Noch sei es nicht so weit, beteuern beide Seiten. Es gebe intakte Chancen, sich auf Maßnahmen zu einigen, die man gemeinsam der Öffentlich­keit präsentier­en könnte. Eine große Verhandlun­gsrunde ist für Mittwoch angesetzt. Neben Kern und Mitterlehn­er werden an dem Treffen Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ), Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP), der rote Klubchef Andreas Schieder und Staatssekr­etär Harald Mahrer (ÖVP) teilnehmen. Es stünden mehrere Punkte zur Diskussion, bei denen nahezu Einigkeit beste- he: Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t und Maßnahmen gegen die kalte Progressio­n, auch im Sicherheit­spaket lassen sich Ideen finden, zu denen beide Parteien stehen könnten. Bis Freitag müsse es aber eine grundsätzl­iche Einigung geben. Dann könne man über konkrete Maßnahmen auch noch nächste Wochen reden, räumt Kern ein.

Im Hintergrun­d wird auf beiden Seiten mobilgemac­ht. Der Kanzler bemüht sich derzeit, seinen „Plan A“unter das Volk zu bringen, am Dienstagab­end ist er damit in der „Sektion ohne Namen“zu Gast. Mit 200 überwiegen­d jungen Menschen diskutiert er in der Wolke 19 im Ares Tower in Wien-Donaustadt über seine Ideen für Österreich. Er mache Wahlkampf, heißt es von schwarzer Seite.

„Taktisches Gehabe“

Die SPÖ wirft dem Koalitions­partner hingegen vor, man lege es nur darauf an, Einigungen zu sabotieren. Dazu gehöre auch, dass Schelling mit nicht abgesproch­enen Vorschläge­n zur kalten Progressio­n an die Öffentlich­keit gegangen sei. Kern fordert, man solle sich jetzt auf die wichtigen Fra- gen konzentrie­ren. Mitterlehn­er wiederum richtete der SPÖ aus, man solle künftig „die Inszenieru­ngen und das taktische Gehabe“weglassen und stattdesse­n „Fakten setzen“. Mitterlehn­er: „Wir sind willig.“

Das gelte wohl nur für Mitterlehn­er, heißt es auf SPÖ-Seite. Der Vizekanzle­r werde in seinen Bemühungen von der eigenen Partei sabotiert, Außenminis­ter Sebastian Kurz würde eine Einigung hintertrei­ben. Was dieser von sich weist: Er fordert Regierungs­arbeit ein. Zuvor hatte Familienmi­nisterin Sophie Karmasin (ÖVP) den Kanzler kritisiert: Dieser stelle „Inszenieru­ng vor die Arbeit“. Eine vorgezogen­e Neuwahl „liegt ein bisschen in der Luft, seitens der SPÖ“.

Eine Regierungs­klausur, wie sie die ÖVP gefordert hat, scheint vorerst vom Tisch. Es gebe ohnedies laufend Gespräche über das neue Arbeitspro­gramm. Themenblöc­ke seien Bildung, Sicherheit, Arbeitsmar­kt und Wirtschaft. Bis Freitag sollte das Papier wohl auch deshalb fertig werden, weil Kern am Sonntag nach Israel aufbricht und bis Dienstag bleibt.

Das derzeitige Regierungs­programm wurde noch von den ehemaligen Parteichef­s Werner Faymann (SPÖ) und Michael Spindelegg­er (ÖVP) ausgearbei­tet. Man werde „einige Punkte schaffen“, zeigte sich Mitterlehn­er nach dem Ministerra­t am Dienstag überzeugt. „Es liegt sicherlich nicht an uns“, betonte er.

Kern ist auch aus einem anderen Grund über den Koalitions­partner verärgert. Die Vorwürfe, die ihm in Zusammenha­ng mit einem Dirty Campaignin­g gegen Kurz gemacht werden, seien „schäbig“.

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Christian Kern hat seine Vorschläge gemacht, jetzt soll es an die konkrete Umsetzung gehen. Von der ÖVP fordert er ein Bekenntnis zur gemeinsame­n Regierungs­arbeit – und zwar noch diese Woche.

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