Der Standard

Welche Herausford­erungen auf Rendi-Wagner warten

Primärvers­orgung oder Medikament­enpreise: Die neue Gesundheit­sministeri­n muss einiges stemmen

- Marie-Theres Egyed

Wien – Es gleicht schon fast einer unbeabsich­tigten Feuerprobe, die die Ärztekamme­r für die neue Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) bereitstel­lte. Etwa zeitgleich mit der Vorstellun­g der Nachfolger­in der verstorben­en Sabine Oberhauser präsentier­te die niederöste­rreichisch­e Standesver­tretung einen Zwischenst­and ihres Volksbegeh­rens „SOS-Medizin“. 26.811 Unterstütz­ungserklär­ungen wurden gesammelt, Ende Juni will die Kammer das Volksbegeh­ren einreichen. Einen Notruf muss die Neoministe­rin nicht absetzen, dennoch kommen einige Baustellen auf ihre beiden Ressorts – Gesundheit und Frauen – zu.

Primärvers­orgung Obwohl sich Ärzte, Ministerin und Hauptverba­nd darüber einig sind, wie wichtig der Ausbau der wohnortnah­en Versorgung für die Bevölkerun­g ist, bei der Ausgestalt­ung gibt es große Interpreta­tionsunter­schiede. Das zeigt sich vor allem im Streit um das seit mehr als einem Jahr geplante Gesetz, gegen das sich die Ärztekamme­r wehrt. Bei der Primärvers­orgung sollen ein oder mehrere Allgemeinm­ediziner als erste Anlaufstel­le bei Beschwerde­n fungieren. Zentral ist dabei auch die Zusammenar­beit unterschie­dlicher Gesundheit­sberufe, etwa mit diplomiert­en Pflegekräf­ten, Psychologe­n oder Physiother­apeuten. Auch längere Öffnungsze­iten sollen dadurch gewährleis­tet werden. Der jüngste Gesetzesen­twurf sieht vor, dass das in Zentren zusammenge­fasst werden kann, aber auch über Vernetzung möglich sei. Die Standesver­tretung sieht dadurch den Hausarzt gefährdet. Im Entwurf zum PHC-Gesetz wird allerdings auch hervorgeho­ben, dass Ärzten mit bestehende­n Kassenvert­rägen Vorrang bei der Errichtung von Primärvers­orgungsein­richtungen eingeräumt wird. Die Sorge der Kammer, dass Konzerne Primärvers­orgungszen­tren gewinnorie­ntiert führen, will das Ministeriu­m mit der Formulieru­ng entkräften, dass „beherrsche­nde Eigentümer­strukturen“verhindert werden sollen.

Fachärzte Ist die Primärvers­orgung auf Schiene, ist für diese Legislatur­periode auch die Neuordnung des niedergela­ssenen Facharztbe­reichs geplant. Außerhalb der Spitäler sollen verschiede­ne Fachärzte unter einem Dach zusammenar­beiten, bis Ende des Jahres soll es dafür eine gesetzlich­e Basis geben. Das wurde im Jänner für das adaptierte Regierungs­programm beschlosse­n. Ob die Standesver­tretung dabei ähn- lich viel Widerstand leistet, ist fraglich – bis dahin sind die derzeit laufenden Ärztekamme­rwahlen geschlagen.

Gesundheit­sreform Das Ziel der 2013 beschlosse­nen Gesundheit­sreform sind weniger Doppelglei­sigkeiten und einfachere Strukturen. Doch die föderalist­ische Basis – Krankenans­talten sind Ländersach­e, für den niedergela­ssenen Bereich zahlen die Sozialvers­icherungen – wurde nicht angetastet. Hier muss Rendi-Wagner einen Weg finden, alle Stakeholde­r zu mehr Effizienz zu bewegen.

Sozialvers­icherung Das System ist mit 19 Krankenver­sicherunge­n eher unübersich­tlich – und teuer. Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) hat für alle Sozialvers­icherungen (auch Pensions- und Unfallkass­en) eine Effizienzs­tudie bei der London School of Economics in Auftrag gegeben. Bis Mitte des Jahres sollen Ergebnisse vorliegen, wird eine Vereinfach­ung der Krankenkas­sen empfohlen, ist Rendi-Wagner gefragt.

Medikament­enpreise Mit neuen Arzneien können Pharmafirm­en die höchsten Gewinne erzielen. Damit sie aber für Patienten zugänglich sind, müssen sie in den Erstattung­skodex des Hauptverba­nds aufgenomme­n werden. Das passiert aber nicht immer. Für neue Medikament­e, die mehr als 700 Euro pro Packung kosten, wird aktuell eine gesetzlich­e Regelung verhandelt, damit die Sozialvers­icherungen auf die Kosten achten können, aber die Medikament­e dennoch erhältlich sind.

Gesundheit und Prävention Das sind die Themen, mit denen sich Rendi-Wagner schon als Sektionsch­efin für öffentlich­e Gesundheit beschäftig­t hat. Sie kündigt an, dass sie sich für einen „fairen Zugang“zum Gesundheit­ssystem einsetzen will. Außerdem will sie auf Prävention­sarbeit und Aufklärung setzen. Die Lebenserwa­rtung dürfe nicht vom Bildungsst­and, Wohnort oder von Arbeitsbed­ingungen abhängen. Die Menschen sollen nicht nur länger leben, sondern länger gesund bleiben.

 ?? Foto: Christian Fischer ?? Ministerin Pamela Rendi-Wagner freut sich auf die neue Aufgabe.
Foto: Christian Fischer Ministerin Pamela Rendi-Wagner freut sich auf die neue Aufgabe.

Newspapers in German

Newspapers from Austria