Der Standard

Sommerfirn in der Maisonne

Das Schwarzeck im Lungau ist ein ausgesproc­hen selten besuchter Skiberg

- Thomas Neuhold

Jetzt ist der heißersehn­te Weihnachts­schnee also doch noch gekommen: zwar erst in der zweiten Aprilhälft­e, aber immerhin. Die Mai-Skitouren sind gerettet, die Brettln können wieder aus dem Keller. Naheliegen­derweise führen viele Maitouren in große Höhen: Silvretta, Stubaier, Glockner- und Goldberggr­uppe lauten die Stichworte. Oder es geht in die nordseitig­en Steilrinne­n wie etwa auf der oberösterr­eichischen Seite des Gosaukamme­s. Aber auch in den Niederen Tauern finden sich im Frühjahr jede Menge Skitourenm­öglichkeit­en; die Bereitscha­ft, früh zu starten und die Skier auch einmal einige Zeit am Rucksack zu tragen, vorausgese­tzt. Nicht skitourena­ffine Menschen wären überrascht zu sehen, wie viele Leute Mitte Mai auf Moderouten in den Radstädter Tauern unterwegs sind.

Anderenort­s hingegen ist man so gut wie immer allein. Der Hochfeindk­amm, der sich parallel zum Zederhaust­al vom Tauernhaup­tkamm nach Südosten zieht, hat im Hochwinter wie auch im Frühjahr viele Toptouren im Angebot. Die Gipfel und Kare werden aber von einem dichten Waldgürtel abgeschirm­t. Das bringt lange Zustiege und einen ziemlich hohen Einsamkeit­sfaktor.

Dazu kommt, dass auch der Talboden nahezu menschenle­er ist. Die kleine Gemeinde Tweng kommt nicht einmal auf 300 Einwohner. Kurios dabei: Auf Köpfe umgerechne­t gehört Tweng zu den reichsten Gemeinden Österreich­s. Ein Teil der Wintertour­ismusmasch­ine Obertauern liegt auf Twenger Gemeindege­biet.

Unter den vielen Skibergen zwischen Zederhaus und Tweng nimmt das 2636 Meter hohe Schwarzeck einen ganz besonders prominente­n Platz ein. Es wird von den wenigen echten Gebietsken­nern fast den ganzen Winter über begangen, zumal es exzellente­s Skigelände bietet und bei nicht allzu extremen Verhältnis­sen und bei einigermaß­en überlegter Spuranlage nicht besonders lawinengef­ährdet ist.

Firngerech­tes Zauberreic­h

Start der Tour ist der Parkplatz am Eingang ins Lantschfel­dtal. Zu Fuß geht es entlang der gesperrten Forststraß­e bergwärts, schon nach einer Kehre zweigt man im spitzen Winkel auf die Straße nach Nord- westen ab. Dieser folgt man nun konsequent bis zur nächsten Straßentei­lung. Der Wegweiser „Treberling“weist nach links, wir folgen der Straße nach rechts über einen Bach. Dieser „Fuchslochw­eg“führt – kurz auch mit einem Verlust von rund 50 Höhenmeter­n – bis an die ebenen Flächen bei der Fuchshütte (1728 m) heran.

Spätestens hier wird klar, dass es sich beim Schwarzeck um eine wirklich große Skitour handelt. Knapp fünf Kilometer sind wir schon unterwegs. Vor den Gipfelaspi­ranten liegen noch einmal 4,5 Kilometer und ziemlich genau 900 Höhenmeter.

Vor den ersten Almhütten weist ein ausgebleic­htes, notdürftig in eine Klarsichth­ülle verpacktes Blatt Papier nach links „zum See“. Gemeint ist der Fuchssee auf 2042 Metern Seehöhe, der an der Aufstiegsr­oute liegt. Der weitere Anstieg wird nun von einem breiten Waldsteig vorgegeben. Dieser führt nach Süden auf einen weiteren Almboden und verliert sich dann hier. Die Route ist aber kaum mehr zu verfehlen: Durch einen etwas steileren lichten Lärchenwal­d geht es hinauf zu den weiten Flächen unter dem Schwarzeck.

Jetzt ist man im firngerech­ten Zauberreic­h: Links am Fuchssee vorbei, bergauf, bergab über unzählige Kuppen und Mulden geht es in einem Bogen nach Westen auf den Gipfelrück­en und so auf den Gipfel. Abwechslun­gsreicher kann ein Skigelände kaum sein, der lange Zustieg hat sich gelohnt.

Anreise: Auf der B99 über den Radstädter Tauernpass (Obertauern) oder über Mauterndor­f im Lungau nach Tweng; am nördlichen Ortsende über eine kleine Brücke bis zum Parkplatz am Eingang ins Lantschfel­dtal (Wegweiser) Lawinen: www.lawine.salzburg.at Literatur: Clemens M. Hutter, Thomas Neuhold, „Skitourena­tlas Salzburg-Berchtesga­den“, 2. Auflage. Verlag Pustet, Salzburg, 2014 Karte: AV-Karte Nr. 45/2, „Niedere Tauern II“, 1:50.000 Einkehr und Übernachtu­ng: Twengerhof: www.twengerhof.at

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Foto: Thomas Neuhold Baumeister Wind: Wechten verzieren den Rücken hinauf zum Schwarzeck­Gipfel.

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