Der Standard

EZB spielt mit dem Euro Jo-Jo

Verwirrspi­el um die Äußerungen von EZB-Chef Draghi über Konjunktur und Inflation in der Eurozone. Händler legten dies als Anzeichen einer geldpoliti­schen Straffung aus und schickten den Euro auf Höhenflug. Falsch interpreti­ert, hieß es dann von EZB-Inside

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Wien – Widersprüc­hliche Signale aus der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) über ihre Geldpoliti­k haben die Devisenmär­kte am Mittwoch in Aufregung versetzt. Der Euro stieg zunächst auf 1,1388 Dollar und erreichte damit das höchste Niveau seit dem Brexit-Referendum für einen britischen EU-Austritt vor rund einem Jahr. Aussagen von EZB-Insidern nahmen den anfänglich­en Spekulatio­nen auf eine straffere Geldpoliti­k allerdings umgehend den Wind aus den Segeln. Daraufhin fiel die Gemeinscha­ftswährung binnen Minuten um rund einen halben Cent gegenüber dem US-Dollar.

Die Märkte hätten Vorbehalte in einem Vortrag von Notenbankc­hef Mario Draghi nicht zur Kenntnis genommen, sagte einer der EZBVertret­er am Mittwoch. Keiner der Gewährsleu­te, die mit Draghis Vorstellun­gen näher vertraut sind, wollte namentlich genannt werden. Sie betonten, er habe sich mit seinen Äußerungen nicht festgelegt. „Da ist wohl was schiefgela­ufen bei der EZB-Kommunikat­ion“, sagte ein Börsianer. „Mehr Verwirrung als Nutzen.“

Der EZB-Chef hatte am Dienstag auf der Notenbanke­nkonferenz im portugiesi­schen Sintra gesagt, alle Zeichen deuteten auf eine Festi- gung und Verbreiter­ung der Erholung in der Eurozone hin. Zudem seien Faktoren, die die Inflation drücken, vor allem temporär. Das deuteten manche Händler als Signal, dass die EZB sich darauf vorbereite, ihre Staatsanle­ihenkäufe von 60 Milliarden Euro pro Monat ab Jänner herunterzu­fahren. Das sei jedoch noch längst nicht beschlosse­n, betonten die Insider. Ob es dazu komme, hänge auch von der Inflations­entwicklun­g ab. Die EZB lehnte eine Stellungna­hme zur Auslegung der Rede ab.

Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspieg­elt, notierte mit 96,138 Punkten zeitweise so niedrig wie zuletzt vor knapp acht Monaten. Am Dienstag hatte US-Notenbankc­hefin Janet Yellen bekräftigt, dass der Leitzins behutsam angehoben werden soll. An den Märkten wird mit einer längeren Pause gerechnet. (Reuters, red)

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