Wer mit wem könnte – und warum doch nicht
SPÖ, ÖVP und FPÖ warnen vor Koalitionen der jeweils anderen Parteien. Zwischen Kuschelkurs und Ablehnung: Konstellationen auf dem Prüfstand.
Bei der SPÖ ist man sich ganz sicher: Sollte ihr Spitzenkandidat Christian Kern nicht Erster werden, kommt Schwarz-Blau unter einem Kanzler Sebastian Kurz. In der ÖVP wird man hingegen nicht müde, vor der Gefahr einer rot-blauen Regierung zu warnen. Selbst wenn die SPÖ Zweiter würde, sei eine solche Koalition nicht auszuschließen. Von der FPÖ, die nach diesen Spekulationen und Warnungen gewissermaßen schon als künftige Regierungspartei feststeht, wird dagegen unverdrossen der schwarz-rote oder rotschwarze Teufel an die Wand gemalt.
Offizielle Koalitionsansagen oder Festlegungen gibt es allerdings keine, derzeit wollen alle Parteien einmal die Wahl gewinnen und sich erst danach mit Koalitionsvarianten auseinandersetzen – wenn der Wähler gesprochen hat und die neuen Mehrheitsverhältnisse feststehen.
Nach den aktuellen Umfragen scheint eine Koalition zwischen der ÖVP und der FPÖ am wahrscheinlichsten. Dass SPÖ und ÖVP nicht miteinander können und wollen, ist offensichtlich, das gilt für beide Parteien gleichermaßen. SPÖ-Chef Christian Kern hat zudem angekündigt, in Opposition zu gehen, sollte seine Partei nicht als Sieger aus der Wahl hervorgehen. Das allerdings nicht ganz freiwillig: Kern geht davon aus, dass Schwarz-Blau dann fix wäre.
Das Interview, das ÖVP-Chef Sebastian Kurz und der rote Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Wochenende gemeinsam dem Standard gegeben haben, sorgt allerdings für eine Erschütterung dieser Annahme. Nicht nur der Umstand, dass sich die beiden zusammengesetzt haben, sondern auch die weitgehend inhaltlichen Übereinstimmungen der beiden in Fragen der EU-Sicherheitspolitik und der Migrationspolitik sorgen für Spekulationen, dass eine Neuauflage der alten Koalition, wenn auch in personeller Neubesetzung, nicht so unwahrscheinlich sei wie angenommen. Sowohl Kurz als auch Doskozil betonten in dem Interview, dass es nach der Wahl jeweils Gespräche mit allen Parteien über eine Koalitionsbildung geben müsse.
Das weithin als Kuscheln mit Kurz interpretierte Standard- Gespräch könne – meint Gesprächsteilnehmer Doskozil am Montag in Eisenstadt – keineswegs als Hinweis verstanden werden, er würde im Fall des Falles dem Sebastian Kurz auch den Vizekanzler machen. Einerseits: „Warum soll man nicht sagen, wenn man bei gewissen Themen gleicher Meinung ist?“Andererseits gebe es solche Themen halt nicht zuhauf. „Der Gleichklang der Wirtschaftsprogramme von Schwarz und Blau legt nahe, dass es da ja schon einschlägige Gespräche gegeben hat.“Der Verteidigungsminister hält aber schon fest, dass man „in der Opposition nicht mitgestalten kann“. Und genau das wolle die Sozialdemokratie schon.
Allerdings steht immer noch eine ÖVPAlleinregierung mit Expertenbeteiligung als Möglichkeit im Raum, sollte Kurz ein besonders gutes Ergebnis einfahren. Als nahezu unwahrscheinlich gilt hingegen eine Koalition aus mehr als zwei Parteien, etwa eine Regierung aus SPÖ, Grünen, Neos und/oder Peter Pilz. Das liegt vor allem an den Umfragewerten, die eine solche Konstellation schon rein rechnerisch als unmöglich erscheinen lassen.
Nachfolgend stellt Der Standard mögliche Koalitionsvarianten dar und beleuchtet deren Wahrscheinlichkeiten. (völ, wei)