Wiener Forscher korrigieren alte Keimblatttheorie
Wien – Das Gewebe des Körpers von Menschen und Tieren entwickelt sich aus drei „Keimblättern“, die sehr früh in der Embryonalentwicklung durch Einstülpungsprozesse angelegt werden. Gemäß dieser 120 Jahre alten Theorie entstehen Haut und Nervensystem aus dem außen liegenden Ektoderm, der Darm und die inneren Organe aus dem innen liegenden Entoderm und Muskulatur sowie Keimdrüsen aus dem mittleren Keimblatt, dem Mesoderm.
Bei sehr alte Tiergruppen wie den Nesseltieren (Korallen, Seeanemonen oder Quallen) sind laut dieser Theorie nur zwei Keimblätter nötig. Nun aber berichten Forscher um Ulrich Technau (Uni Wien) im Fachblatt Nature Ecology and Evolution, dass bei einer Seeanemonenart die Entwicklungsprogramme auf drei Keimblätter verteilt sind.
Das hat auch Folgen für das Entoderm der höheren Tiere, das laut den neuen Erkenntnissen nicht evolutionär mit der inneren Zellschicht der Seeanemone verwandt ist, sondern vermutlich aus dem Schlund-Ektoderm hervorging, wie Technau erklärt.
Offenbar wurden in der Evolution von einfachen zu komplexer gebauten Tieren also die Aufgaben teilweise neu zugeteilt und deutlicher getrennt. Dadurch wurde das Mesoderm irgendwann als „neues“Keimblatt erkennbar, obwohl es im Verborgenen evolutionär schon länger existierte. (red)