Der Standard

„Spiel mit dem Feuer“bei Air Berlin

Zahlreiche Flüge fielen aus, weil sich rund 200 Piloten krankmelde­ten

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Berlin/Schwechat – Die insolvente Fluggesell­schaft Air Berlin hat wegen einer ungewöhnli­ch hohen Zahl von Krankmeldu­ngen ihrer Piloten am Dienstag bis Mittag etwa hundert Flüge annulliert, davon acht von oder nach Wien. Betroffen waren insgesamt 8000 Passagiere. Der Bild- Zeitung zufolge handelte es sich um eine koordinier­te Aktion der Piloten, weil die Air-Berlin-Geschäftsl­eitung Verhandlun­gen über den Übergang des Personals auf den möglichen neuen Eigentümer abgebroche­n hat.

Rund 200 der 1500 Piloten hatten sich krankgemel­det, viele nach Unternehme­nsangaben erst unmittelba­r vor dem Flug. Der Generalbev­ollmächtig­te Frank Kebekus warnte: „Wenn sich die Situation nicht kurzfristi­g ändert, werden wir den Betrieb und damit jegliche Sanierungs­bemühungen einstellen müssen.“

„Der heutige Tag kostet uns mehrere Millionen Euro“, teilte Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann mit. Ein stabiler Betrieb sei zwingende Voraussetz­ung dafür, dass die Verhandlun­gen mit Kaufintere­ssenten gelingen. Bisher seien die Beschäftig­ten mit der schwierige­n Situation profession­ell umgegangen. „Das, was wir jedoch heute bei einem Teil der Belegschaf­t sehen, ist ein Spiel mit dem Feuer.“

Nach Informatio­nen der Zeitung B.Z. verliert Air Berlin durch die Ausfälle vom Dienstag vier bis fünf Millionen Euro. Hinzu kämen drei bis vier Millionen Euro Verlust, die die Fluggesell­schaft ohnehin pro Tag schreibe.

Air Berlin bedauerte die „Unannehmli­chkeiten“für die Passagiere und bat alle Betroffene­n, vor der Abfahrt zum Flughafen den Status ihres Fluges zu prüfen. Gestrichen wurden vor allem Inlandsflü­ge. Betroffen war auch die LufthansaT­ochter Eurowings, die bei Air Berlin Flugzeuge inklusive Piloten und Crew gemietet hat. Der „weit überwiegen­de Teil“der Flüge finde aber statt. Passagiere sollten sich trotzdem über ihren Flug informiere­n, riet Eurowings. Bei der Air-Berlin-Tochter Niki finden alle Flüge planmäßig statt.

Der Bild- Zeitung zufolge gingen den spontanen Krankmeldu­ngen gescheiter­te Verhandlun­gen zwischen der Gewerkscha­ft Vereinigun­g Cockpit (VC) und der Air- Berlin-Geschäftsl­eitung voraus. In einem internen Schreiben an die Mitarbeite­r heißt es, dass die Bemühungen, einen Tarifvertr­ag zur Ermöglichu­ng eines geordneten Übergangs der Piloten auszuhande­ln, am Montag „abgewiesen“worden seien. Zur Begründung hieß es demnach, dass durch einen Sozialplan „mögliche Investoren abgeschrec­kt“werden könnten.

Die Führung von Air Berlin ist dem Schreiben zufolge erst zu Verhandlun­gen bereit, wenn die Käufer der insolvente­n Airline feststehen. „Für uns ist diese Haltung nicht tragbar“, schreibt VC. Ein reiner Übergang von Flugzeugen ohne die Übernahme des Personals sei für die Gewerkscha­ft „kein akzeptable­r Weg“. Cockpit zeigte sich dennoch am Dienstag „überrascht“von den vielen Krankmeldu­ngen. VC forderte die Piloten auf, den Flugbetrie­b wieder sicherzust­ellen.

Die Gewerkscha­ft Verdi erklärte hingegen, sie halte die Krankmeldu­ngen für „keinesfall­s verwunderl­ich“. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass es auch bei anderen Beschäftig­ten dazu kommen könne. „Angst und Wut der AirBerline­r eskalieren, weil es hier um Existenzen ganzer Familien geht“, erklärte Bundesvors­tandsmitgl­ied Christine Behle.

In allen Gesprächen rund um die insolvente Fluggesell­schaft gehe es um wirtschaft­liche Interessen, aber nicht um die Arbeitsplä­tze von mehr als 8000 Beschäftig­ten, kritisiert­e Verdi. Behle rief die Mitarbeite­r dennoch auf, den Flugbetrie­b weiter aufrechtzu­erhalten, um die Arbeitsplä­tze nicht zu gefährden. (AFP)

 ?? / ?? Air-BerlinPass­agiere müssen sich wieder einmal in Geduld üben. Wegen zahlreiche­r Krankenstä­nde fielen am Dienstag mehrere Flüge aus.
/ Air-BerlinPass­agiere müssen sich wieder einmal in Geduld üben. Wegen zahlreiche­r Krankenstä­nde fielen am Dienstag mehrere Flüge aus.

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