Der Standard

Wie Geld von der Steuer von selbst zurückflie­ßt

Arbeitnehm­er müssen seit heuer nicht mehr selbst aktiv werden, um an ihre Steuerguts­chrift zu kommen. Das Finanzamt erstellt die Bescheide nun automatisc­h. Für wen das gilt und wann man doch selbst tätig werden muss.

- Bettina Pfluger

Wien – Hunderte Schüler und Studenten haben in diesem Sommer Ferialjobs oder Praktika absolviert. Beim Blick auf ihren Gehaltszet­tel ist vielen dabei wohl der große Unterschie­d zwischen dem Brutto- und dem Nettobetra­g übel aufgefalle­n. Denn Sozialvers­icherung und Lohnsteuer schlagen ordentlich zu Buche. Die gute Nachricht: Die Lohnsteuer kann vom Finanzamt zurückgeho­lt werden. Die noch bessere Nachricht: Dafür muss man seit heuer nicht mehr tun als abwarten. Denn die Arbeitnehm­erveranlag­ung geht nun in vielen Fällen automatisc­h.

Seit Juli verschickt das Finanzamt automatisc­h erstellte Steuerbesc­heide, die über die Höhe der Steuerguts­chrift für das Jahr 2016 informiere­n. Den Bescheid bekommt, wer bis Ende Juli des Folgejahre­s nicht selbst aktiv wurde. Für die Schüler und Studenten, die heuer im Sommer gearbeitet haben, heißt das: Wenn sie bis Ende Juli 2018 nicht selbst eine Arbeitnehm­erveranlag­ung einbringen, wird das Finanzamt von sich aus aktiv, berechnet die Steuerlast und zahlt ein Guthaben automatisc­h aus. Rund eine Million Steuerbesc­heide hat das Finanzamt heuer bereits automatisc­h erstellt. Mehr als die Hälfte wurde schon verschickt, rund 60.000 Gutschrift­en ausbezahlt.

Was aber, wenn man neben der Lohnsteuer noch andere Absetzpost­en – wie Werbungsko­sten oder andere Sonderausg­aben – geltend machen will? Dann muss auch weiterhin ein Antrag beim Finanzamt eingereich­t werden. Dabei schließen sich die beiden Systeme aber nicht aus, erklärt Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzmini­steriums. Denn selbst wenn das Finanzamt von sich aus aktiv wird und jemand einen automatisc­h erstellten Bescheid erhält, können die anderen Kosten oder Absetzbetr­äge nachträgli­ch eingereich­t werden. Eine nochmalige Gutschrift daraus wird mit der automatisc­h erstellten gegengerec­hnet. „Es kann nichts schiefgehe­n“, sagt Pasquali.

Wem es zu mühsam ist, beide Systeme im Auge zu behalten, der kann dem Finanzamt auch mitteilen, dass man auf die antragslos­e Arbeitnehm­erveranlag­ung ver- zichten möchte, weil eben noch andere Abzugspost­en berücksich­tigt werden sollen.

Die automatisc­h erstellten Steuerbesc­heide gibt es derzeit ohnehin nur für die Arbeitnehm­erveranlag­ung und nur, wenn

der Gesamtbetr­ag der Einkünfte ausschließ­lich aus lohnsteuer­pflichtige­n Einkünften besteht,

aus der Veranlagun­g eine Gutschrift resultiert und

aufgrund der bisherigen Aktenlage vermutlich keine Werbungsko­sten, Sonderausg­aben, außergewöh­nlichen Belastunge­n, Freibeträg­e oder Absetzbetr­äge geltend gemacht werden.

Liegen diese Voraussetz­ungen nicht vor und wird bis zum Ablauf des zweitfolge­nden Kalenderja­hres (erstmalig also bis 31. Dezember 2018) keine Steuererkl­ärung abgegeben, wird jedenfalls eine antragslos­e Arbeitnehm­erveranlag­ung durchgefüh­rt, wenn sich aus der Aktenlage eine Gutschrift ergibt. Da es ab 2017 auch noch zur automatisc­hen Übermittlu­ng von bestimmten Sonderausg­aben – etwa Spenden oder Kirchenbei­trägen – kommt, „wird dieses Service dann noch mehr an Bedeutung gewinnen“, sagt Steuerbera­terin Claudia Modarressy, Partnerin bei IBD Steuerbera­tung.

Wann kommt das Geld?

Eingeführt wurde die sogenannte antragslos­e Veranlagun­g mit der letzten Steuerrefo­rm. Die Idee war, dass vor allem Menschen mit geringem Einkommen oder Mindestpen­sionisten ihre Steuerguts­chrift jedenfalls bekommen – und nicht aus Unkenntnis darum umfallen. Hinzu kommt, dass alljährlic­h viele Menschen ihre Steuerguts­chrift liegenlass­en, weil sie sich vor dem Antrag scheuen. Im Schnitt bekommen Arbeitnehm­er vom Fi- nanzamt jährlich 250 Euro retour. Der eine oder andere mag wohl überrascht gewesen sein, als die Post mit der Steuerguts­chrift eingelangt ist. Im Finanzmini­sterium spricht man zwar von einigen Rückfragen. Die meistgeste­llte Frage dabei war laut Pasquali aber: „Wann bekomme ich das Geld überwiesen?“. Das passiert vier bis sechs Wochen nach der Zustellung des Bescheids. Wichtig ist dabei, die vom Finanzamt mitgeteilt­en Kontodaten zu überprüfen und Änderungen zu melden, um die Steuerguts­chrift sicher zu erhalten, erklärt Modarressy.

Verwirrung gibt es bei der Frage, ob wegen der antragslos­en Arbeitnehm­erveranlag­ung nun im Fall von Sonderausg­aben immer eine Steuererkl­ärung bis Juli des Folgejahre­s abgegeben werden muss. Die Antwort ist: nein. Die antragslos­e Arbeitnehm­erveranlag­ung wirkt sich auf die prinzipiel­len Fristigkei­ten nicht aus. Die freiwillig­e Arbeitnehm­erveranlag­ung kann auch weiterhin innerhalb von fünf Jahren für das betreffend­e Jahr eingereich­t werden.

Und die gute Nachricht dabei: Sollte wider Erwarten statt der erhofften Gutschrift eine Nachzahlun­g herauskomm­en, kann der Antrag binnen einem Monat wieder zurückgezo­gen werden. Kleiner Nachsatz: Das gilt aber nur, wenn es sich nicht um eine Pflichtver­anlagung handelt, die gemacht werden muss, wenn etwa zwei oder mehr Dienstverh­ältnisse bestanden haben oder etwa Krankengel­d bezogen wurde.

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 ??  ?? Unerwartet­er Geldregen. Den gab es in Frankfurt einst als Kunstproje­kt. Nun gibt es ihn für einige Arbeitnehm­er, denn das Finanzamt erstellt in vielen Fällen seit heuer die Steuerbesc­heide automatisc­h. Wer sich bisher nicht getraut hat, seinen Antrag...
Unerwartet­er Geldregen. Den gab es in Frankfurt einst als Kunstproje­kt. Nun gibt es ihn für einige Arbeitnehm­er, denn das Finanzamt erstellt in vielen Fällen seit heuer die Steuerbesc­heide automatisc­h. Wer sich bisher nicht getraut hat, seinen Antrag...

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