Der Standard

Teures Pflaster Innsbruck

Aktuelle Mietpreise­rhebungen weisen die Tiroler Landeshaup­tstadt als teuerste Österreich­s aus. Zugleich stehen viele Objekte, vor allem Anlegerwoh­nungen, ungenutzt leer. Die Politik sei gefordert, hier durch veränderte Rahmenbedi­ngungen Abhilfe zu schaffe

- Steffen Arora

Mit 16 Euro pro Quadratmet­er im Mittelwert ist Tirols Landeshaup­tstadt Innsbruck das teuerste Pflaster Österreich­s.

Innsbruck – Im ersten Halbjahr 2017 wurde am freien Mietwohnun­gsmarkt in Innsbruck erstmals die Marke von 16 Euro pro Quadratmet­er im Mittelwert erreicht. Damit ist Tirols Landeshaup­tstadt gemäß der Erhebung eines großen Immobilien­portals das teuerste Pflaster Österreich­s. Auch der für Stadtentwi­cklung zuständige Stadtrat Gerhard Fritz (Grüne) weiß um diese Problemati­k: „Die Kaltmieten am freien Wohnungsma­rkt liegen derzeit zwischen zwölf und 16 Euro brutto.“Neben den horrenden Mieten hat Innsbruck mit einem weiteren Problem zu kämpfen: Anlegerwoh­nungen. Investitio­nen in Immobilien gelten als sichere Wertanlage­n.

Leere Anlegerwoh­nungen

Allerdings tritt die Nutzung des Wohnraumes dabei in den Hintergrun­d, was zu Leerstand führt. Am angespannt­en Innsbrucke­r Wohnungsma­rkt stehen deshalb im Moment rund 3000 Wohnungen leer, wie Fritz erklärt. Die Zahl wurde über die Energiever­sorgung erhoben. In rund 3000 Wohnungen wurde über den Zeitraum eines halben Jahres keine Energie verbraucht. Die Zahl ist als grober Richtwert zu sehen, doch Fritz vermutet, dass der Großteil dieses Leerstande­s auf Anlegerwoh­nungen zurückzufü­hren ist.

„Es gibt keinerlei gesetzlich­e Handhabe dagegen. Das wäre zwar wünschensw­ert, ist aber Bundessach­e“, sagt Fritz. Wobei er den Leerstand am privaten Markt nicht als Hauptprobl­em erachtet. Die dringliche­re Frage sei die, Grundstück­e für geförderte­n Wohnbau zu finden. Denn Innsbruck braucht in den kommenden zehn Jahren gemäß Raumordnun­gsplan bis zu 8000 neue geförderte Wohnungen. In der bisherigen Legislatur­periode wurden 2000 neue geförderte Wohnungen gebaut.

Beim Verein Dowas 9. Teil Innsbruck, der sich für Arbeits- und Wohnungssu­chende einsetzt, weiß man um das Problem des Leerstande­s von Anlegerwoh­nungen. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass hier viel Schwarzgel­d im Spiel ist“, sagt Sprecher Peter Grüner. Den Eigentümer­n gehe es meist nicht um Wohnraum, sondern um eine Geldanlage. Doch auch Grüner sieht den freien Wohnungsma­rkt nicht als Lösung für das Problem: „Da muss man sich nicht am bösen Kapitalist­en abputzen.“

Grüner sieht vielmehr die Politik in der Pflicht, die sich zu sozialem Wohnbau bekennen müsse. Wer den Wohnungsma­rkt dem „freien Spiel der Kräfte“überlasse, dürfe sich nicht wundern, wenn es zu solchen Auswüchsen komme: „Wir wollen das nicht personalis­ieren oder gar Wohnungsbe­sitzer enteignen.“

Daher pocht man seitens Dowas auf verstärkte­n sozialen Wohnbau. Denn die Mobilisier­ung von Leerstand sei zwar eine Möglichkei­t, allerdings denkt Grüner nicht, dass damit wirklich eine maßgeblich­e Verbesseru­ng erreicht werden könne. Er verweist auf ein Beispiel in der Innsbrucke­r Schlachtha­usgasse, wo seit Jahren eine Häuserzeil­e aus dem gemeinnütz­igen Wohnbau leersteht, weil die weitere Nutzung unklar ist. Dowas regte an, diesen Wohnraum als Übergangsl­ösung zu nutzen. Doch feuerpoliz­eiliche Bestimmung­en machen das unmöglich, weil die Adaptierun­g schlichtwe­g zu teuer wäre.

Insgesamt ist bei den Sozialvere­inen mittlerwei­le „Ernüchteru­ng eingetrete­n“. Denn die Politik habe in den vergangene­n zwei Jahren nichts verbessert, sondern die Situation noch verschärft, erklärt Grüner den Frust: „Neben der Kürzung der Mindestsic­herung auf Landeseben­e wurden in Innsbruck die Fristen, um Mietzinsbe­ihilfe zu beantragen oder sich für eine Stadtwohnu­ng bewerben zu können, deutlich erhöht.“pder STANDARD widmet sich in dieser Serie den politische­n Hintergrün­den von Leerstand. Mehr unter: derStandar­d.at/Gesellscha­ft

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Die große Zahl leerstehen­der Anlegerwoh­nungen ist nicht das Hauptprobl­em am angespannt­en Innsbrucke­r Wohnungsma­rkt. Die Politik ist gefordert, leistbare Alternativ­en zu schaffen.

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