Halber Erfolg für Schrems
Eine Klage wegen Datenschutzverletzungen mit Teilnehmern aus aller Welt: Diesem Plan machte der Europäische Gerichtshof einen Strich durch die Rechnung. Eine Musterklage darf Schrems in Wien jedoch führen.
Datenschutzaktivist Max Schrems darf Facebook nur allein klagen. Eine Sammelklage lehnt der EUGerichtshof ab.
Luxemburg/Wien – Der Datenschützer Max Schrems muss seinen ambitionierten Plan, Facebook gemeinsam mit 25.000 anderen Nutzern zu verklagen, aufgeben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Donnerstag, dass andere Facebook-Nutzer ihre Ansprüche nicht an Schrems abtreten dürfen. Der Jurist hatte gehofft, im Namen von FacebookNutzern aus der ganzen Welt gegen Datenschutzverletzungen des sozialen Netzwerks vorzugehen. Dieser Prozess hätte in Wien stattfinden sollen.
Seit 2014 geht es jedoch um prozessrechtliche Fragen, die Causa durchlief alle Instanzen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) schaltete dann den EuGH ein, um europarechtliche Fragen zu klä- ren. Facebook hatte argumentiert, dass der Gerichtsstand in Irland sein müsse, da dort die Europazentrale des Konzerns ist. Das Unionsrecht sieht jedoch vor, dass Vertragspartner nur am eigenen Wohnsitz – in Schrems’ Fall also Österreich – verklagt werden können. Für Sammelklagen war diese Fragestellung noch nicht ausjudiziert worden.
Schrems kann den Prozess nun allein fortführen. Er wird eine Musterklage gegen Facebook betreiben. „Ich bin froh, dass nach drei Jahren voller Blockadeversuche jetzt endlich das Verfahren gegen Facebook inhaltlich starten kann“, sagte Schrems in einer Aussendung.
Aktivist ist Verbraucher
Der EuGH hatte sich auch mit einer weiteren Frage beschäftigt, die Schrems’ Ambitionen durchkreuzen hätte können. So behauptete Facebook, dass der Datenschützer gar kein „Verbraucher“mehr sei, da er „beruflich“gegen Facebook vorgehe. Das europäische Höchstgericht stellte jedoch klar, dass Nutzer ihre Verbrauchereigenschaften nicht verlieren, wenn sie „Bücher publizieren, Vorträge halten oder Spenden sammeln“.
Der EuGH war damit prinzipiell der Meinung des Generalan- walts gefolgt, der vergangenen November ähnlich argumentiert hatte. Er schlug vor, dass die Möglichkeit einer europaweiten Sammelklage politisch behandelt werden müsse. Schrems’ Mitstreiter Arndt Eversberger von der Roland Prozessfinanz AG forderte, der Gesetzgeber müsse eine Lösung finden.
Das sieht auch der EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer (SPÖ) so, der europaweite Sammelklagen als „wichtiges Instrument für besseren Datenschutz“bezeichnete. Peter Kolba, Klubobmann der Liste Pilz, kündigte für die nächste Nationalratssitzung einen Initiativantrag in diese Richtung an.
Jahrelanger Kampf
Schrems geht seit August 2011 juristisch gegen Facebook vor. Der EuGH beschäftigte sich vor der aktuellen Entscheidung bereits zweimal mit Schrems-Klagen. So kippte er auch das transatlantische Datenabkommen Safe Harbor, das nach den NSA-Enthüllungen zur globalen Überwachung in Verruf geraten war. Der Datenschützer will seine Aktivitä- ten nun in die Nichtregierungsorganisation NOYB (None of your Business) überführen. Dafür sammelt Schrems momentan Spenden. Die Initiative soll sich dann mit Datenschutzverletzungen großer Internetkonzerne und AppAnbieter beschäftigen.
Facebook selbst wird durch einen anderen Prozess aus Österreich wohl in den kommenden Monaten erneut vor dem EuGH landen – die ehemalige GrünenChefin Eva Glawischnig ist wegen Hasspostings gegen das soziale Netzwerk vorgegangen.