Häupls Abgang
Man wolle „eine Kerze anzünden“, wenn die Chefsuche der Wiener SPÖ endlich vorbei sei, egal wie sie ausgehe, heißt es mittlerweile vonseiten der roten Basis. Es ist ein Sinnbild dafür, wie lange der interne Wahlkampf schon andauert. Zwar hatten sich der geschäftsführende Klubchef im Parlament, Andreas Schieder, und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig erst im November offiziell um den Parteivorsitz beworben, der Streit um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl läuft jedoch schon über ein Jahr.
Bereits im November 2016 forderte Ex-Parteimanager und Gemeinderat Christian Deutsch eine Nachfolgeregelung für Häupl ein. 22 Jahre seien genug. „Der Letzte, der so lange im Amt war, war vor 200 Jahren in Wien Bürgermeister“, sagte er und brachte damals die Debatte ins Laufen. Nachgesagt wurde den Kritikern, es sei die Revanche für das Ausbuhen beim traditionellen Maiaufmarsch und das anschließende Abmontieren des ehemaligen SPÖ-Chefs Werner Faymann.
Häupls Replik: „Ich werde darüber entscheiden, wann ich es für richtig halte.“Es sei kein Thema. Unterstützung bekam Häupl damals von Schieder, der über seine eigenen Ambitionen sagte: „Ich bin gewählt als Klubobmann. Ich habe eine Aufgabe im Parlament.“Häupl sitze auf dem „Kutschbock“und habe „die Zügel fest im Griff“.
Doch schon Anfang 2017 häuften sich die Kritikpunkte. Und damit auch jene Stimmen, die öffentlich erklärten, Ludwig sei ein „geeigneter Kandidat“oder, wie die damalige Nationalratspräsidentin Doris Bures es nannte, eine „hervorragende Nachbesetzung“. Ludwig wiederum betonte, er sei „gerne Wohnbaustadtrat“. Doch noch im April des vergangenen Jahres erklärte Häupl, er würde „zeitnah“zu den Nationalratswahlen den Vorsitz abgeben. Die Vermutung lag nahe, er wolle durch sein eigenes Vorpreschen eine Kampfabstimmung gegen ihn am Landesparteitag vermeiden. Häupl wurde als einziger Kandidat im April 2017 mit nur 77,4 Prozent als Parteichef bestätigt. Ludwig als einer seiner fünf Stellvertreter erhielt sogar nur 67,8 Prozent. Von da an war das Ringen um die Nachfolge des Bürgermeisters eröffnet.
Kaum Unterschiede der Flügel
Antreten werden am Samstag Schieder für den sogenannten „linken“und Ludwig für den „rechten“Flügel der Partei. Dabei schafften es die beiden Konkurrenten in den vergangenen Monaten selbst nicht, herauszukristallisieren, worin sie sich genau unterscheiden. In puncto Mindestsicherung wollen beide eine härtere Gangart, eine Koalition mit der FPÖ können sie sich nicht vorstellen, und den Koalitionspakt mit den Grünen will man nicht nachverhandeln. Zudem rechnen beide damit, die Mehrheit der 981 Delegierten zu überzeugen.
Auch Häupl findet kaum Differenzen. Schieder und Ludwig seien „die besten Kandidaten“für den Job, würden sich lediglich in der Gangart und dem Temperament unterscheiden. Letzteres wird jedoch von der Parteibasis immer wieder ins Spiel gebracht. Schieder sei ein guter Bundespolitiker, in Wien brauche man jedoch einen „g’standenen“Bürgermeister wie Ludwig, heißt es auf der einen Seite. Die andere sieht durch Schieder einen längst nötigen Generationenwechsel.
Unterstützung bekommt Schieder von den Jugendorganisationen, den Innenstadtbezirken und dem Vernehmen nach vom Gros der Stadtregierung. Ludwig hat die Flächenbezirke und die Gewerkschaft hinter sich. Wobei beide natürlich auch mit Unterstützern aus den gegnerischen Reihen aufwarten.
Kurz vor der Wahl geben sich jedenfalls beide Seiten amikal. Schieders Hand sei ausgestreckt, alle politischen Bereiche der SPÖ sollen nach dem Umbau der Stadtregierung abgedeckt werden. Und auch Ludwig gibt sich versöhnlich: Sollte er gewählt werden, will er Häupl den Ehrenvorsitz der Wiener Roten anbieten.