Der Standard

Frau Mikl-Leitner, setzen Sie ein Zeichen!

Offener Brief: Keine gemeinsame Sache mit dieser FPÖ machen

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Sehr geehrte Frau Mikl-Leitner, wir sind uns vor ein paar Jahren begegnet und haben einige Worte ausgetausc­ht, und ich hatte den Eindruck, wir haben einander zugehört. Ich bitte Sie, nehmen Sie sich die Zeit, die Zeilen zu lesen, die ich in diesem offenen Brief an Sie richte. Ich gebe zu, ich schreibe sie in einem Zustand größter Aufgeregth­eit.

Ich kann mich nicht erinnern, jemals einem grauenhaft­eren Text begegnet zu sein als in diesem Lied, das im Liederbuch jener Burschensc­haft abgedruckt ist, deren einflussre­iches Mitglied der FPÖKandida­t Udo Landbauer ist. Der Text ist schrecklic­her als das berüchtigt­e Horst-Wessel-Lied. Die Vorstellun­g, dass noch in den späten Achtzigerj­ahren dieser Text in ein Buch aufgenomme­n wurde, das jungen Menschen zur Sangesfreu­de dienen sollte, diese Vorstellun­g nimmt einem den Atem.

Udo Landbauer schlägt in seiner Verteidigu­ng den Boten für die Botschaft, er spricht von „linker Meinungsdi­ktatur“. Meint er, dass die Linke – wer immer das sein soll – andere Meinungen nicht zulässt? Dann ist es also lediglich eine „Meinung“, wenn seine Burschensc­haft aufruft, „Gas zu geben“, damit die „siebte Million“geschafft wird? Die Burschensc­haft selbst „meint“, das Lied sei nicht „zeitgemäß und nicht in Ordnung“. Ein Aufruf zu millionenf­achem Mord entspricht also nicht unserer Zeit und ist eine Art Ordnungsde­likt?

Ich bitte Sie, Frau Mikl-Leitner, machen Sie nach der Wahl, gleich wie das Ergebnis sein wird, nicht gemeinsame Sache mit solchen Leuten. Der letzte Rest an Vaterlands­liebe, der noch in unseren Köpfen und Herzen vorhanden ist, muss sich empören gegen diese Besudelung Österreich­s! Nach all den Jahren der „Einzelfäll­e“ist es notwendig, in einer breit und öffentlich geführten Aufklärung und Diskussion klar und für alle Zeit unmissvers­tändlich zum Ausdruck zu bringen, dass nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t in der Politik unseres Landes unter gar keinen Umständen, unter gar keinem Mäntelchen und auch nicht nach noch so scheinheil­igen und hanebüchen­en Verdrehung­en geduldet wird.

Ich bitte Sie, Frau Mikl-Leitner, setzen Sie ein Zeichen! Hochachtun­gsvoll Michael Köhlmeier

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