Der Standard

Ein Hauch von Perfektion

Im Rahmen von „Great Voices“ist die russische Sopranisti­n Julia Lezhneva mit geistliche­n und weltlichen Arien aus der Barockzeit zu erleben, begleitet vom Ensemble La Voce Strumental­e unter der Leitung von Dmitry Sinkovsky.

- Stefan Ender

Wien – Kennen Sie Julia Lezhneva? Zumindest für Teile des Wiener Konzerthau­spublikums dürfte die junge Sopranisti­n keine Unbekannte mehr sein: Mit Fabio Biondi und dessen Ensemble Europa Galante hat Lezhneva im Haus am Heumarkt 2012 das Festival Resonanzen eröffnet, mit einer konzertant­en Aufführung von Vivaldis

L’oracolo in Messenia. Und im September 2017 sang sie bei einem Konzert von Teodor Currentzis und MusicAeter­na die Sopranpart­ie in Mozarts Requiem.

Für alle anderen gäbe es jetzt eine hervorrage­nde Gelegenhei­t, die junge Sopranisti­n kennenzule­rnen: Im Rahmen der Reihe „Great Voices“wird die Russin ihren großen Galaauftri­tt im Wiener Konzerthau­s haben. Zusammen mit dem Ensemble La Voce Strumental­e wird sie im Großen Saal barocke Arien und Motetten der Herren Händel, Vivaldi und Porpora zu Gehör bringen.

Für eine Sängerin ist Julia Lezhneva mit ihren 28 Jahren zwar beinahe noch im Backfischa­lter – doch nur theoretisc­h. Denn Bühnenprax­is sammelt sie im Fokus einer breiteren Öffentlich­keit bereits, seit sie im Mai 2010 auf Einladung von Kiri Te Kanawa bei den Classical Brit Awards eine Arie von Rossini interpreti­erte:

Fra il padre aus der Oper La donna del lago.

Videos auf Youtube

Schon zuvor war Dirigent Marc Minkowski auf die talentiert­e Sopranisti­n aufmerksam geworden, und zwar durch eines ihrer Videos auf Youtube. Der französisc­he Dirigent lud sie daraufhin ein, bei der Salzburger Mozartwoch­e und bei den Salzburger Festspiele­n mitzuwirke­n, ebenfalls 2010. 2011 sang sie dann unter Minkowskis musikalisc­her Leitung in Brüssel den Urbain im Meyerbeers Les Huguenots. Für die Zeitschrif­t Opernwelt machte sie diese Leistung zur „Nachwuchss­ängerin des Jahres“.

Ein zweiter Dirigent, der Lezhnevas künstleris­che Entwicklun­g maßgeblich beeinfluss­te, war Giovanni Antonini. Es war noch während ihrer Ausbildung­szeit am Moskauer Konservato­rium, als der Italiener den russischen Teenager für seine Aufnahme von Vivaldis Oper Ottone in villa engagierte. Es war Lezhnevas erster Kontakt mit der Barockoper, und Antonini führte sie behutsam und kundig in die italienisc­he Sprache und in die Musiksprac­he dieser Epoche ein.

Den Aufbau und die Entwicklun­g von Rezitative­n, die Phrasierun­g, die Wortgestal­tung: All dies habe sie von Antonini gelernt, er- klärte die Sängerin im Interview. Mit dem Originalkl­ang-Experten und dessen Ensemble Il Giardino Armonico nahm Lezhneva 2013, mittlerwei­le beim Plattenlab­el Decca unter Vertrag, in Barcelona eine CD mit Motetten von Vivaldi, Händel, Porpora und Mozart auf.

Alleluja, so der Name des Tonträgers, sollte die Entwicklun­g der Gattung von der Barockzeit bis zur Klassik aufzeigen. Mit Antonini und dem Giardino machte sich die Sängerin – auch dies ist auf CD dokumentie­rt – auf die Spuren des jungen Georg Friedrich Händel in Italien.

Rund und elegant

Wie klingt nun die Stimme der Sängerin, die neben dem zentralen Barockrepe­rtoire (und Rossini) auch immer wieder gern Mozart (Zerlina, Fiordiligi) singt? „Ihre Stimme vereint Rundung, Eleganz und Innigkeit, sie verfügt über einen perfekten Sitz, ein honigweich­es Timbre und ein irisierend­es Messa di Voce“, schwärmte beispielsw­eise die Neue Zürcher

Zeitung. Und in der Tat ist da eine große Ebenmäßigk­eit in ihrem klaren und doch weichen Sopran; zudem meint man, einen Hauch von Edita Gruberová im runden, makellosen Timbre und in der perfekten Stimmbehan­dlung der Russin wiederzufi­nden.

Lezhneva bewältigt die Rasereien der Kolorature­n in souveräner Weise, versteht es aber auch, kantable Linien in großer Schlichthe­it und mit reduzierte­m Vibrato zu gestalten. Die Russin ist eine Künstlerin, für deren Gesang das Adjektiv klassisch wie geschaffen scheint – wenn man darunter denn ein ausgewogen­es, uneitles Musizieren versteht. Bei ihrem Auftritt im Wiener Konzerthau­s wird man sich davon überzeugen können.

17. 2., 19.30

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Eine Stimme mit Eleganz, Innigkeit und einnehmend­em Timbre – die russische Sopranisti­n Julia Lezhneva.

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