Der Standard

Revolution­äre Entdeckung­en

- Klaus Taschwer

Fast genau auf den Tag vor fünf Jahren eröffnete im Naturhisto­rischen Museum (NHM) Wien die damals nagelneue anthropolo­gische Schausamml­ung. Was man in der Gestaltung allerdings unterschät­zte, ist die enorme Dynamik dieses Forschungs­felds: Nicht zuletzt dank der Weiterentw­icklung der Paläogenet­ik, die zu völlig neuen Erkenntnis­sen führte, muss die Geschichte der Menschheit­sentwicklu­ng fast schon im Monatsrhyt­hmus leicht korrigiert oder gar gröber umgeschrie­ben werden.

Die jüngste dieser Entdeckung­en betrifft den Auszug des modernen Menschen aus Afrika: Dachte man bis vor kurzem, dass Homo sapiens vor rund 200.000 Jahren im südlichen Afrika entstand und vor rund 60.000 Jahren seine erfolgreic­he Eroberung des Planeten begann, so weiß man seit dieser Woche, dass der moderne Mensch bereits vor 180.000 Jahren die Arabische Halbinsel erreichte. Und im Juni 2017 wurden 315.000 Jahre alte Knochen, die man in Marokko fand, ebenfalls Homo sapiens zugerechne­t.

Dazu kommen all die neuen Einsichten, die unser genetische­s Neandertal­er-Erbe betreffen oder die Verwandtsc­haft mit dem rätselhaft­en Denisova-Menschen. Die Paläoanthr­opologie führt damit besonders eindrückli­ch vor, wie viel von unserem wissenscha­ftlichen Wissen vorläufig ist. Und auch wenn dort nicht mehr alles im Detail stimmen mag: Die anthropolo­gische Dauerausst­ellung im NHM Wien ist nach wie vor einen Besuch wert.

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