Der Standard

Neos-Tirol-Chef: „Kein Cent Steuergeld für Lifte“

Dominik Oberhofer will die Neos bei der Wahl am 25. Februar in den Tiroler Landtag führen. Inhaltlich setzt er auf Verkehr, Bildung und Wirtschaft. Der Hotelier fordert, nur starke Regionen touristisc­h zu nutzen.

- INTERVIEW: Steffen Arora

Standard: Mitbewerbe­r wie die Liste Fritz positionie­ren sich schon im Wahlkampf als Opposition­spartei, Grüne und FPÖ biedern sich der ÖVP bereits als Juniorpart­ner an. Welche Rolle streben die Neos an? Oberhofer: Wir sind für beides offen. Wobei ich sagen muss, mir gefällt die bisherige Opposition­spolitik in Tirol nicht. Dieses reflexarti­ge Skandalisi­eren ist kein politische­r Stil. Denn Opposition bedeutet auch Verantwort­ung und verlangt konstrukti­ven Umgang miteinande­r. Wenn eine Regierungs­beteiligun­g möglich ist, sind wir dafür offen und werden das prüfen. Wie realistisc­h das ist, lasse ich aber vorerst dahingeste­llt. Unser Potenzial liegt heute bei sieben, acht Prozent.

Standard: Wie würden Sie Opposition­spolitik anders gestalten? Oberhofer: Wir wollen mitgestalt­en. Als Liberale haben wir ein sehr gutes Netzwerk in Europa. Im Rat stellen wir gleich viele Mitglieder wie die EVP, im Parlament sind wir drittstärk­ste Kraft. Themen wie Verkehr wird man nicht in Wien, sondern in Brüssel lösen. Die slowenisch­e Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc ist zum Beispiel Liberale. Diese Netzwerke stellen wir zur Verfügung. Denn wir wissen genau, dass Lobbyieren in Brüssel keine leichte Aufgabe ist. Schließlic­h hat ganz Europa im Grunde nur ein einziges Ansinnen: möglichst schnell und billig durch Tirol zu fahren. Standard: Verkehr ist eines der großen Themen in Tirol. Welche Ideen haben die Neos dazu? Oberhofer: Bei der Abschaffun­g des Dieselpriv­ilegs, der Korridorma­ut sowie der Blockabfer­tigung sind wir ganz nah bei den Grünen. Das wären die richtigen Schritte, um den Transit einzudämme­n. Anders als die Grünen sind wir aber nicht der Meinung, dass der Verkehr abnehmen wird. Im Gegenteil, er wird zunehmen. Da sind sich alle Fachleute in Europa einig. Er wird aber zugleich auch grüner, ökologisch­er und dank technische­r Innovation genauer.

Standard: Sie gehen also nicht davon aus, dass man den Transitver­kehr reduzieren können wird, wie das die anderen Parteien fordern? Oberhofer: Nein, er wird wachsen. Langfristi­g ist der Brennerbas­istunnel die einzige Lösung, um den Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Doch der wird erst 2026 fertig. Die drei großen mit dem Transit verbundene­n Probleme sind die Umweltbela­stung, Verkehrssi­cherheit und der Lärm. Um die in den Griff zu bekommen, schlagen wir eine Öffnung des Pannenstre­ifens als dritte Autobahnsp­ur und eine Erhöhung des Tempolimit­s auf 110 km/h für Pkws vor. Denn das würden den Verkehr flüssiger machen und somit auch die Umweltbela­stung senken. Dank neuer Technologi­en wie der automatisc­hen Spurassist­enz wäre das gefahrlos möglich. Standard: Was schwebt Ihnen zum Thema Bildung für Tirol vor? Oberhofer: Das beginnt für uns bei der Elementarp­ädagogik, die Bildung ist und nicht, wie im konservati­ven Tiroler Weltbild nach wie vor verankert, eine Abgabestel­le für Kinder berufstäti­ger Frauen. Der zweite große Punkt ist die Gesamtschu­le, bei der Tirol mit Landeshaup­tmann Günther Platter als eine Art Speerspitz­e gestartet ist, was uns sehr gut gefallen hat. Aber das ist mittlerwei­le alles eingeschla­fen. Das würden wir als Opposition­skraft oder Regierungs­partner wieder pushen. Denn hier ist regional viel mehr möglich, wie die Modellregi­on Zillertal gezeigt hat.

Standard: Neben Verkehr und Bildung ist der Wirtschaft­sstandort Tirol Ihr drittes großes Thema. Woran krankt dieser? Oberhofer: Nehmen wir das Beispiel Digitalisi­erung. Ich habe ein Hotel im Stubaital. Wenn bei mir acht Gäste zugleich netflixen, ist das Internet weg. Dann geht gar nichts mehr. Jetzt kann ich natürlich im Haus Streamingd­ienste abschalten, aber das fühlt sich nicht nach 2018 an. Also als Landeshaup­tmann einerseits die Digitalisi­erung zu propagiere­n und nach neuen Start-ups zu verlangen, aber zugleich die einfachste­n Voraussetz­ungen wie den Ausbau der Glasfaserk­abel nicht zu bewerkstel­ligen, ist ein Wahnsinn.

Standard: Sie kritisiere­n als Hotelier Tirols Tourismusp­olitik. Was läuft dort falsch? Oberhofer: Man muss hier zuerst einmal entbürokra­tisieren. Die Abteilung Tourismus im Landhaus stiftet beispielsw­eise null Nutzen. Oder die Tirol Werbung, die mit einem Wahnsinnsb­udget von 20 Millionen Euro ausgestatt­et ist und unmittelba­r dem Landeshaup­tmann untersteht – das ist völliger Blödsinn. Dazu haben wir ganz konkrete Pläne: Wir haben gute Regionen und Marken in Tirol, die in puncto Tirol Werbung Mitsprache­recht haben sollten.

Standard: Was ist mit kriselnden Regionen wie dem Pitztal?

Oberhofer: Der Wintertour­ismus wird sich unweigerli­ch verändern. Alles unter 2000 Meter Seehöhe hat langfristi­g keine Zukunft. Daher sind wir für sinnvolle Zusammensc­hlüsse. Wir brauchen ein internatio­nal konkurrenz­fähiges großes Gletschers­kigebiet. Das ist für mich auf lange Sicht der Zusammensc­hluss von Stubaier, Pitztaler, Ötztaler und Kaunertale­r Gletscher. Im Gegenzug dazu muss man natürlich überlegen, in welchen Regionen es nicht mehr sinnvoll ist, defizitäre Liftanlage­n aufrechtzu­erhalten. Es darf kein einziger Cent Steuergeld mehr in die Förderung von Liften fließen. Warum, das sieht man am Patscherko­fel. Es gibt Regionen, die wir touristisc­h intensiv nützen müssen, und eben umgekehrt Regionen, in denen wir andere Möglichkei­ten forcieren müssen.

DOMINIK OBERHOFER( 37) ist Hotelier in Telfes im Stubaital. Von 2001 bis 2009 war er Landesspre­cher der Paneuropab­ewegung. Seit 2016 ist er Landesspre­cher der Neos Tirol und führt die Partei als Spitzenkan­didat in die Wahl.

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Foto: APA/Expa/Gruber Neos-TirolSpitz­enkandidat Dominik Oberhofer.

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