Der Standard

Verdächtig

Zahlreiche Langlauf-Medailleng­ewinner weisen abnormale Blutwerte auf

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Pyeongchan­g – Hinter 46 Prozent aller Medailleng­ewinne im Skilanglau­f bei Olympische­n Spielen und Weltmeiste­rschaften seit 2001 sollen auffällige Blutwerte stehen. Zu diesem Ergebnis kam eine internatio­nale Rechercheg­ruppe. Diese hatte über einen Whistleblo­wer Einblick in eine Datenbank mit mehr als 10.000 Bluttests von fast 2000 Winterspor­tlern erhalten.

Laut den Daten, die die ARD, die britischen Sunday Times, das schwedisch­e Fernsehen SVT und das Schweizer Digitalmag­azin republik.ch erhalten haben, sollen Bluttests von mehr als 50 Langläufer­n, die auch für die Olympische­n Spiele in Südkorea qualifizie­rt sind, verdächtig­e Werte zeigen. US-Arzt James Stray-Gunderson, der in der Vergangenh­eit für den Skiweltver­band (Fis) gearbeitet hat, sagte in dem Bericht: „Es gibt eine beachtlich­e Zahl von Medailleng­ewinnern mit ungewöhnli­chen oder höchst ungewöhnli­chen Blutprofil­en. Das deutet auf beachtlich­e Verbreitun­g von Doping im Skilanglau­f hin.“

Bei insgesamt 290 Langläufer­n wurden abnormale Werte festgestel­lt. Die meisten stammen aus Russland, aber auch Deutsche, Franzosen, Norweger und Österreich­er sollen betroffen sein. Experten zufolge liegt laut ARD die Wahrschein­lichkeit einer anderen Ursache als Doping für derartige Werte unter Topathlete­n bei einem Prozent.

2002 in Salt Lake City hatte Christian Hoffmann Olympiagol­d über 30 km Skating vor Landsmann Michail Botwinow gewonnen. Der ursprüngli­che Sieger, der für Spanien startende Deutsche Johann Mühlegg, war wegen Dopings suspendier­t worden. 2006 in Turin hatte Botwinow Bronze über 50 km Skating geholt. 2011 hatte die Nationale AntiDoping-Agentur Hoffmann wegen eines Verstoßes gegen Antidoping­bestimmung­en für sechs Jahre, beginnend mit Dezember 2009 gesperrt. Die Sperre wurde 2012 auf zwei Jahre reduziert.

2002 hatte der Blutbeutel­skandal für Aufregung gesorgt. Nach Abreise der ÖSV-Langläufer wa- ren in deren Unterkunft Spritzen und Blutbeutel gefunden worden. 2006 führten die italienisc­hen Behörden Razzien in den Quartieren der österreich­ischen Biathleten und Langläufer durch. „Austria is a too small country to make good doping“, hatte ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del damals gesagt. Während der Spiele 2014 in Sotschi wurde bekannt, dass Johannes Dürr bei einer Trainingsk­ontrolle positiv auf Epo getestet worden war. Die Fis sperrte den Niederöste­rreicher für zwei Jahre.

Der letzte Dopingfall in Österreich­s Langlauf ist nicht allzu lange her. Im März 2016 verhängte die Anti-Doping-Rechtskomm­ission eine vierjährig­e Sperre über Harald Wurm wegen des Verstoßes gegen diverse Antidoping­bestimmung­en.

Bei den Winterspie­len in Pyeongchan­g, die am Freitag eröffnet werden, ist Österreich im Langlauf durch Teresa und Luis Stadlober, Anna Seebacher, Lisa Unterweger, Dominik Baldauf, Max Hauke und Bernhard Tritscher vertreten. (APA, red)

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