Der Standard

Ein Mann für alle Deckel

- Ronald Pohl

In diesen Tagen handelt beinahe jede Ausgabe von Im Zentrum, die auf sich hält, von Österreich­s Drittem Lager. So auch diesmal: Unter dem Titel „Wie mächtig sind die Burschensc­haften?“wurde besonders hartgesott­enen Nostalgike­rn und Freunden des Kabinetts Schüssel II ein Wiedersehe­n zum Beispiel mit Herbert Haupt ermöglicht.

Damit nicht genug. Mit der Einladung von Ewald Stadler fegte ein Sturmhauch von nationaler Widerborst­igkeit über den Küniglberg. Dieser Recke machte einst als Jörg Haiders „Dobermann“Karriere. Was ihm auch nach Jahren politische­n Kürzertret­ens nicht verlorenge­gangen ist: dieser Hohn gegen alles Untreu-Undeutsche. Dieser herzhafte Zubiss, wenn er irgendwo linkslinke „Moralinsäu­re“erschnuppe­rt hat. Dieser Liberalism­us im Kleinen, der mit Großherzig­keit nicht geizt. Stadler besitzt sehr viel historisch­es Bewusstsei­n. Jeder Burschensc­hafter möge „seine eigene Grenze“dort ziehen, wo er meint, dass Österreich aufhört und Großdeutsc­hland beginnt.

Damit wir uns nicht missverste­hen: Stadler plädiert natürlich für die Einhaltung der geltenden Gesetze. Alle Mitglieder der Sänger- und Landsmanns­chaften: Stürmer und Dränger, Mädeln und Pimpfe, Barden und Tankwarte, Volker und Giselhere, Großbauern, sogar Kleindeuts­che – sie alle wissen, auf Ewald Stadler ist Verlass. Vier Mensuren hat der Mann gefochten (freilich: Haupt hat elfmal!). Stadlers Wut richtet sich heute gegen den amtierende­n Vizekanzle­r. Der geht angeblich vor Correctnes­s „in die Knie“. Stadler lacht schallend. Er belehrt jetzt Burgschaus­pielerin Elisabeth Orth. Aber die besaß ja auch die Unverfrore­nheit, Hannah Arendt zu zitieren. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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