Augensterne und gefrorenes Lächeln
Das Frauen-Eishockeyteam von ganz Korea spielt im Olympiaturnier seine Rolle – als leichte Beute für die Konkurrenz und als politische Botschaft für die internationalen Beobachter. Aber selbst eine „Armee der Schönheit“kann nicht für Glückstaumel sorgen.
Die Augensterne des Diktators haben ihr Bestes gegeben, aber davon gänzlich unbeeindruckte Schweizerinnen ließen am Samstagabend Ortszeit in einer historischen Eishockeypartie kein historisches Ergebnis zu. 0:8 verlor das vereinigte koreanische Team seine erste Partie in Gruppe B des olympischen Frauenturniers. Pleiten gegen Schweden und Japan werden dem ersten Eindruck nach mit Sicherheit folgen.
Die Nummer sechs der Rangliste, vor vier Jahren in Sotschi Gewinner der Bronzemedaille, ließ sich weder von der Kombination der Nummern 22 (Süd-) und 25 (Nordkorea) noch von der professionellen Begeisterung der Cheerleader des Kim Jong-un beirren. Die in den Süden entsandte, etwa 200 Frauen starke „Armee der Schönheit“, rot gewandet, in Blöcken um den zentralen Rink des Kwandong Hockey Centres verteilt und energisch eingepeitscht, versüßte der nordkoreanischen Politprominenz den Augenblick.
Kim Yo-jong, die Schwester des Chefs, und Kim Yong-nam, das 90- jährige protokollarische Staatsoberhaupt, zeigten ihr schönstes gefrorenes Lächeln, Oberolympier Thomas Bach begrüßte mit Pyeongchangs OK-Chef Lee Heebeom auch den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in. Der mag mit zunehmendem Spannungsabfall im Spiel intensiver über die nette Einladung nach Nordkorea nachgedacht haben, die ihn vor dem Spiel ereilt hatte.
Verhaltener Zuspruch
Es war kein Wagnis, die Partie in der kleineren der beiden Eishockeyhallen im sogenannten Coastal Cluster der Winterspiele anzusetzen. Das Gangneung Hockey Centre, mit seinen 10.000 Plätzen für das Herrenturnier reserviert, hätte Historisches nicht einmal zu einem Drittel füllen können. 3600 Menschen gaben sich Schweiz gegen Korea, zwei Stunden davor waren bei Schweden gegen Japan (2:1) offiziell sogar gut 150 Zuseher mehr dabei gewesen.
Während der südkoreanische Olympiabesucher an diesem Abend eher in die nahegelegene Ice Arena drängte – ShorttrackStar Lim Hyo-jun lohnte es über 1500 Meter fast zeitgleich mit dem ersten Gold für die Gastgeber –, drängte sich im Kwandong Hockey Centre die internationale Medienschar. Wenn zwei Drittel der Besucher Beobachterstatus haben und dazu nicht wenige auffällig Unauffällige nur die Sicherheit im Auge, tut sich der Rest mit dem Erzeugen von Stimmung schwer. Selbst die Volunteers kamen nicht ins Hysterieren, wurden sie doch ständig gefragt, was die Augensterne denn gerade intoniert hätten. „Kämpfen, kämpfen“sei im Wesentlichen deren Botschaft gewesen, hieß es. Die wurde melodiös und in erstaunlicher Vielfalt an Worten dargebracht. Auch „Jubelt, wir sind eins“soll zu hören gewesen sein, fand wenn aber wenig Widerhall. Wurde, wie im Eishockey üblich, während der Spielunterbrechungen westliches Liedgut – We will rock you, Jump, My Generation – intoniert, war bei der Armee nicht einmal mehr Fähnchenschwenken drinnen.
Das vereinigte Team mühte sich redlich zu entsprechen, war aber schon rein körperlich auf verlorenem Posten. Die robusten Schweizerinnen kassierten von den Headschiedsrichterinnen aus den USA und Kanada doppelt so viele Strafminuten (12:6), zum Teil für Vergehen, die gegen stärkere Gegnerinnen nicht einmal aufgefallen wären. Technisch hielt sich zumindest innerhalb der Auswahl Koreas das Gefälle in Grenzen. Coach Sarah Murray, die für Olympia auch mittels Einbürgerung von sechs Landsfrauen aus den USA eine recht schlagkräftige Truppe geformt hatte, ehe sie die Politik überrollte, muss nur drei der zwölf ihr zugemuteten Nordkoreanerinnen tatsächlich aufbieten. Gegen die Schweiz waren es zwei Stürmerinnen und eine Verteidigerin fast ohne Eiszeit.
Einschlägig sprachlos
Dass ihr Team auf die Olympiadressen eines US-Ausrüsters zu verzichten hat (Sanktionen!) und also in finnischer Kleidung aufs Eis geht, ist dennoch Murrays geringstes Problem. Die Nordkoreanerinnen, für deren Mitwirken eine Ausnahme gemacht wurde, weshalb 35 statt nur 25 Spielerinnen für das Turnier gemeldet werden durften, sind seit Jahren von der Entwicklung des Sports abgeschnitten – bis hin zum ein- schlägigen englischen Wortschatz. Wenn er kann, übersetzt der nordkoreanische Trainer, der Murray als Assistent zur Seite gestellt ist.
Die Pressekonferenz nach dem Spiel unterstrich die Mühen der Ebene, die bis zu einem Zusammenwachsen selbst einer kleinen Gruppe wie einem Eishockeyteam zurückzulegen wären. Jung Suhyon und Park Jong-ah, am vergangenen Freitag bei der Eröffnung auch Seite an Seite Fackelträgerinnen, haben die „Armee der Schönheit“jedenfalls unterschiedlich wahrgenommen. „Ich fühlte mich wie in meinem eigenen Land“, sagte die Nordkoreanerin Jung. „Ich hatte noch nie vor so vielen Leuten gespielt, also war ich nervös“, die Südkoreanerin Park. Und die Politprominenz? „Die größte Ehre für mich!“– „Nichts Besonderes.“Wer hat da wohl was gesagt?