Die Rodler wollen Geld für Gold
Österreichs Kunstbahnrodler wollen die Goldmedaille von David Gleirscher flugs in höhere Förderungen umgemünzt sehen. Der Sportminister wird bemüht. Eine weitere Medaille für die Doppelsitzer am Mittwoch könnte das Unterfangen erleichtern.
Österreichs erster Sportler trifft erst am Donnerstag in Südkorea ein, aber seine Gratulationen eilten Heinz-Christian Strache voraus. Der Sportminister und Vizekanzler markierte gleichsam politische Bestzeit. Noch ehe Rodelolympiasieger David Gleirscher am Sonntagabend ein Fläschchen der Dopingkontrollore füllen konnte, war die Aussendung des freiheitlichen Parlamentsklubs heraußen. Günther Platter (ÖVP), immerhin der Landesvater des Olympioniken, riss bedenkliche Verspätung auf.
Markus Prock setzt große Hoffnungen in Straches Besuch. Der Generalsekretär des österreichischen Rodelverbands (ÖRV) gedenkt das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist, also den Minister unter Hinweis auf den taufrischen Leistungsnachweis des österreichischen Kunstbahnrodelns darüber zu unterrichten, „was es braucht, dass wir Medaillenkandidaten bleiben“. Immerhin habe man seit 1992 noch bei jeder Gelegenheit zumindest eine Medaille geholt. Ein fertiges Konzept für die nächste Olympiade bis Peking 2022 sei nur aus der Schublade zu holen. Es geht um Geld, „für die Infrastruktur und ein Investment in den Nachwuchs“– ins Scouting und in die Betreuung.
Derzeit bringe der Verband „grad und grad“das Geld für die Saison zusammen, rund zwei Millionen Euro, davon 75 Prozent aus Förderungen. Zwischen 600.000 Euro und einer Million bewegt sich die Summe, die der zweimalige Weltmeister Prock zusätzlich begehrt. Luftschlösser wolle er keine bauen, für Bludenz existiert ein umstrittenes und daher noch nicht weit gediehenes Bahnprojekt, in Imst geht es um ein paar Kurven, in Igls um eine künstlich vereiste Startanlage.
Prock setzt große Hoffnungen in die neue sportpolitische Führung, zuletzt sei zwar wiederholt die Abschaffung der Fördergießkanne versprochen worden, „wirklich passiert ist es nicht“. Mag sein, aus Prock spricht auch noch die Enttäuschung über seine vergebliche Bewerbung für die Leitung der neuen Bundes-Sport GmbH, die seit Jahreswechsel die Vergabe von 120 Fördermillionen zu verantworten hat. Es war eine der letzten Personalentscheidungen, die Hans Peter Doskozil (SPÖ) als Sportminister traf.
Fürs Geld der anderen
Prock könnte Straches Ohr noch leichter finden, gelänge eine zweite ÖRV-Medaille in dessen Anwesenheit. Die ältesten Anwärter darauf könnten von mehr Fördergeld nicht mehr groß profitieren. Für die Doppelsitzer Peter Penz und Georg Fischler sind die zweiten Spiele schon die letzten, schließlich sind die Haller schon 32 bzw. 33 Jahre alt und seit mehr als 14 Jahren im zeitaufwendigen Geschäft, in möglichst kurzer Zeit zusammen den Eiskanal hinunterzurasen.
Vor vier Jahren in Sotschi gaben die beiden Tiroler nach Rang drei zur Halbzeit die Medaille mit zu hohem Risiko im zweiten Lauf noch aus der Hand. Die Brüder Andreas und Wolfgang Linger holten hinter den Deutschen Tobias Wendl / Tobias Arlt Silber, verpassten aber den olympischen Goldhattrick. Penz und Fischler sind Brüder im Geiste, im Wesen unterscheiden sie sich deutlich. Penz kann nicht verbergen, dass er für seinen Sport brennt, Fischlers Leidenschaft bricht sich nicht in der Öffentlichkeit Bahn. Aus Sotschi, sagt Fischler, hätten sie viel gelernt. „Und wir haben uns in diesen vier Jahren gut weiterentwickelt.“
Für beide war es nicht einfach, Gleirschers Erfolg, der sich am Montagabend mit der Überreichung der Goldmedaille durch ÖOC-Präsident Karl Stoss endgültig materialisierte, im Interesse ihrer kommenden Aufgabe nicht an der Bahn, sondern im Zimmer mitzuerleben. Auch der rauschenden Siegesfeier im ÖsterreichHaus waren sie ferngeblieben.
Die Aufgabe wird schwierig genug, die deutschen Paare Toni Eggert / Sascha Benecke (sieben Saisonsiege) und Wendl/Arlt (zwei Saisonsiege) sind klar zu favorisieren. Aber schon Bronze von Penz/Fischler (ein Sieg, drei zweite Plätze) oder eine weitere Sensation durch die Vorarlberger Thomas Steu (24) und Lorenz Koller (23), die im Training mit Spitzenzeiten bewiesen, dass ihnen die Bahn im Olympic Sliding Centre außergewöhnlich gut liegt, wäre für Prock ein zusätzliches Argument bei Strache.