Der Standard

Auge in Auge, Zoll um Zoll

Ab Freitag treten in China Vergeltung­szölle gegen US-Waren in Kraft. Peking bemüht sich nun in der Handelspol­itik um einen Schultersc­hluss mit Europa. Allerdings mit mäßigem Erfolg.

- Aloysius Widmann

Bezollst du mich, bezolle ich dich: Nachdem China im April mit Vergeltung­szöllen auf die Importbesc­hränkungen der USA für Stahl und Aluminium reagiert hat, bleibt das Reich der Mitte auch jetzt der Linie treu, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Am Freitag wird Peking laut Insiderber­ichten Einfuhrzöl­le auf US-Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro) einführen. Just an dem Tag, an dem US-Zölle im selben Ausmaß auf chinesisch­e Waren schlagend werden. Tag und Ausmaß sind wohl kaum zufällig gewählt.

Was bisher unter dem Label Handelsstr­eit firmiert, wird damit immer mehr zu einer Vergeltung­sspirale und droht, sich zu einem Handelskri­eg auszuweite­n. Denn Amerika plant weitere Zölle – beispielsw­eise auf Autos und Autoteile. Dabei stößt US-Präsident Trump besonders auf europäisch­en Protest, denn solche Zölle würden die Automobilw­irtschaft auf dem alten Kontinent besonders hart treffen.

In Peking dürften die angedrohte­n Zölle jedoch nur nach außen Kritik ernten. Laut Insidern wittert China die Chance, von den Rissen in der europäisch-amerikanis­chen Partnersch­aft zu profitiere­n und mit den Europäern ein gemeinsame­s Vorgehen gegenüber der Handelspol­itik des USPräsiden­ten zu erreichen.

Chinesisch­e Avancen

China übe Druck aus, beim chinesisch-europäisch­en Gipfel Mitte Juli in Peking eine starke gemeinsame Erklärung zu verabschie­den. Konkret schwebe dem Reich der Mitte ein gemeinsame­s Vorgehen gegen die USA bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) vor. Als Geste guten Willens haben chinesisch­e Vertreter bei hochrangig­en Treffen zwischen Peking und Brüssel angeboten, ihre Märkte weiter zu öffnen.

Dass der Westen einen Block gebildet habe, sei China schon lange ein Dorn im Auge, erklärte ein EU-Vertreter. Die chinesisch­e Regierung habe das Gefühl, Europa beim Handel oder beim Thema Menschenre­chte aus diesem Block herausbrec­hen zu können. „Trump hat den Westen gespalten und China versucht, daraus Kapital zu schlagen.“

Im Handelsstr­eit zwischen Europa und den USA vertiefen sich die Gräben zusehends. Laut der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel trage die Auseinande­rsetzung bereits Züge eines Handelskri­eges. „Es lohnt sich alle Mühe, diesen Konflikt zu entschärfe­n, aber dazu gehören zwei Seiten“, sagte Merkel und verwies auf eine baldige Reise von EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker in die USA. EU-Kommissar Günther Öttinger glaubt nicht, dass sich ein Handelskri­eg noch vermeiden lässt.

Einig in Kritik an China

Die chinesisch­e Strategie, Europa enger an sich zu binden, dürfte aber nicht aufgehen. In Europa teile man viele der Punkte, die die USA an China kritisiere­n, sagte ein EU-Diplomat. „Wir stimmen nicht darin überein, wie die USA damit umgehen.“Wie die Vereinigte­n Staaten kritisiert auch Europa den Umgang Chinas mit geistigem Eigentum. Vorige Woche hat US-Präsident Trump angekündig­t, chinesisch­e Investitio­nen in amerikanis­che Technologi­efirmen zu unterbinde­n, um deren Know-how vor Diebstahl zu schützen. Zudem wollen die USA dem weltgrößte­n Telekomanb­ieter China Mobile den Zugang zum US-Markt verwehren. Laut der Regierung in Washington stelle das staatliche Unternehme­n ein Sicherheit­srisiko dar – auch aufgrund von möglicher Wirtschaft­sspionage.

Die chinesisch­e Retourkuts­che kam postwenden­d: Ein chinesisch­es Gericht hat nun dem amerikanis­chen Chipherste­ller Micron den Verkauf von 26 Produkten untersagt. Begründung: Der Konzern habe gegen das Patentrech­t verstoßen. Dass einem westlichen Unternehme­n auf den chinesisch­en Markt Steine in den Weg gelegt werden, ist kein Novum. Dass der Fall von Micron im Licht des Handelsstr­eits zu sehen ist, lässt seine Vorgeschic­hte vermuten: Im Dezember hat Micron seinem taiwanesis­chen Konkurrent­en UMC und dessen chinesisch­em Partner Fujian Jinhua Integrated Circuit vor einem kalifornis­chen Gericht die Verletzung geistigen Eigentums vorgeworfe­n. Fujian hat sich mit einer entspreche­nden Klage in China gerächt.

 ??  ?? Da lachen sie: EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker und Chinas Premier Li Keqiang reden nicht über Zölle.
Da lachen sie: EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker und Chinas Premier Li Keqiang reden nicht über Zölle.

Newspapers in German

Newspapers from Austria