Der Standard

Beschluss mit Folgen

Abschaffun­g wird zur künftigen Koalitions­bedingung für die SPÖ – Neos hadern intern mit Zustimmung trotz vorangegan­gener Kritik

- Marie-Theres Egyed Nina Weißenstei­ner

Die Abschaffun­g des Zwölfstund­entages wird zur künftigen Koalitions­bedingung der SPÖ.

Wien – Der Beschluss über den möglichen Zwölfstund­entag für Arbeitnehm­er durch Türkis-Blau und Pink im Parlament sorgte am Wochenende für Nachbeben: Weil zuvor – konkret in der Nacht auf Donnerstag – laut Regierungs­parteien rote Junggewerk­schafter vor Privatwohn­ungen von ÖVP- und FPÖ-Abgeordnet­en Pflasterst­eine, Grabkerzen und entspreche­nde Protestpla­kate gegen die Arbeitszei­tflexibili­sierung platziert hatten, nahm FPÖ-Klubchef Johann Gudenus am Samstag SPÖ-Chef Christian Kern in die Pflicht.

Mit seinen „Drohungen und der bewussten Verbreitun­g von Unwahrheit­en“müsse sich Kern vorwerfen lassen, solche Aktionen zu provoziere­n und zu fördern, so der Freiheitli­che.

Kern selbst hatte zuvor via Ö1 freilich nur erklärt, dass die Regie- rung über mehr als drei Millionen Menschen hinwegents­chieden habe – und dass ein Kippen der neuen Arbeitszei­tregeln eine Bedingung für eine künftige Koalition mit der SPÖ sei: „Das werden wir nicht zur Kenntnis nehmen, weil es ein schlechtes Gesetz ist.“Der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Niessl (ebenfalls SPÖ) geißelte am Sonntag in der ORF- Pressestun­de den neoliberal­en Kurs der ÖVP und fragte in Richtung des blauen Koalitions­partners: „Wie lange kann es sich die FPÖ bieten lassen, dass Reformen ausschließ­lich auf Kosten der Arbeitnehm­er durchgefüh­rt werden?“

Bei den Neos wiederum regt sich intern Kritik, dass man trotz flammender Reden während der Parlaments­debatte gegen das Vor- gehen der Regierung rund um den Zwölfstund­entag – keine Begutachtu­ng und Wirksamkei­t schon per 1. September – schlussend­lich doch mitgestimm­t hat. Neben den verärgerte­n Wortmeldun­gen von Nochklubch­ef Matthias Strolz („Weg der Ignoranz“) und Sozialspre­cher Gerald Loacker (sorgt für „Verwirrung“) hatte die Opposition­spartei zuvor außerdem noch auf Abänderung­en gedrängt.

Ein Neos-Mandatar zum Auseinande­rklaffen zwischen den pinken Auftritten im Nationalra­t und dem Abstimmung­sverhalten: „Damit es nicht wieder zu einer solchen Bild-Text-Schere kommt, werden wir das in Zukunft sicher besser machen müssen.“Hinter den Kulissen habe die Partei von Sonntagabe­nd bis Mitte der Woche mehrmals beraten, ob man dafür oder dagegen stimme – und zwar mit jeweils wechselnde­m Ergebnis. Zum Schluss habe dann aber die Überlegung überwogen, dass man von der eigenen Wählerscha­ft wohl eine „Watschn“kassiere, wenn man bei den ohnehin stets geforderte­n flexiblere­n Arbeitszei­ten nicht mitgehe.

Eine Parteiinsi­derin wiederum merkt selbstkrit­isch an, dass man sich mit dem eigenen Vorgehen in die Showpoliti­k der Regierung eingeordne­t habe – mit dem Resultat, dass sich keiner mehr auskenne, wofür die Neos stünden.

Gastronom und Unternehme­r Sepp Schellhorn erklärt das Dilemma seiner Partei: Es wäre weit schwierige­r gewesen, eine Ablehnung des Zwölfstund­entages zu argumentie­ren, wo doch die Arbeitszei­tflexibili­sierung zentrales Anliegen sei. Dass das Gesetz aber immer noch nicht gut genug ist, gibt Schellhorn zu: „Das schlechte Gesetz macht aber die Regierung, nicht wir.“Er erhofft sich Verbesseru­ngen – etwa bessere Rahmenbedi­ngungen für die Kinderbetr­euung.

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Die FPÖ kritisiert­e am Wochenende die Pflasterst­einAktion von Junggewerk­schaftern – und nahm dazu SPÖ-Chef Christian Kern in die Pflicht.

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