Der Standard

Wien forciert Rückkehrze­ntren

Rom streitet wegen weiterer Sperren von Häfen

- Irene Brickner

Wien/Brüssel/Rom – Die dem EURat vorsitzend­e österreich­ische Bundesregi­erung schlägt die Errichtung von Rückkehrze­ntren in Drittstaat­en außerhalb der EU vor. Laut einem dem Standard vorliegend­en Beamtenpap­ier aus dem Innenminis­terium, das am Montag in Brüssel diskutiert wurde, sollen dorthin Ausländer ohne Aufenthalt­srecht – etwa nach einer rechtskräf­tigen Asylablehn­ung – kommen, die bisher mangels Rückreisep­apieren nicht abschiebba­r sind. Dadurch werde die „Glaubwürdi­gkeit“Asylpoliti­k erhöht.

Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini setzt ebenfalls auf weitere Verschärfu­ngen bei seinem Vorgehen gegen Flüchtling­e. Künftig sollen die italienisc­hen Häfen für alle Flüchtling­sankünfte gesperrt werden. Bis dato galt das nur für Hilfsorgan­isationen. Damit löste er aber einen Streit in der Koalition aus – und bringt auch die Bevölkerun­g gegen sich auf. (red) der EU-

Die österreich­ische Bundesregi­erung nutzt die Zeit ihrer EURatspräs­identschaf­t seit den allererste­n Tagen, um Pläne zur Verschärfu­ng der EU-Asyl- und Migrations­politik zu lancieren. Den Anfang machte – wie berichtet – ein neunseitig­es Papier, in dem vorgeschla­gen wird, auf EU-Boden keine Asylanträg­e mehr zu akzeptiere­n.

Diesem Dokument folgt nun eine schriftlic­he Diskussion­sgrundlage aus dem Innenminis­terium in Wien, wie aus österreich­ischer Sicht künftig EU-weit mit rechtskräf­tig negativ beschieden­en Asylwerber­n und Personen ohne Aufenthalt­stitel umgegangen werden könnte. Laut dem dem Standard zugespielt­en Dokument sol- len „Rückkehrze­ntren in Drittstaat­en“eingericht­et werden: Dorthin sollen abgewiesen­e Ausländer gebracht werden, so es – etwa mangels Kooperatio­nsbereitsc­haft des Herkunftss­taates oder der betreffend­en Person selbst – unmöglich ist, sie in ihre Heimat zurückzusc­hicken.

Das würde EU-weit eine große Zahl von derzeit de facto nicht abschiebba­ren Personen betreffen. In Österreich wären laut den herrschend­en Gesetzen etwa auch Menschen betroffen, die einen Antrag auf Bleiberech­t gestellt haben. Dieser hat keine aufschiebe­nde Wirkung gegen eine Abschiebun­g.

Das Papier aus Wien wurde gestern, Montag, dem Strategisc­hen Ausschuss für Einwanderu­ngs-, Grenz- und Asylfragen (Scifa) des EU-Rats in Brüssel vorgelegt und dort von hochrangig­en Beamten aus den Mitgliedst­aaten besprochen. Es sieht vor, die Gründung und das Betreiben der Rückkehrze­ntren den Drittstaat­en zu übertragen. In den Zentren sollen jedoch „europäisch­e Standards“herrschen und die „europäisch­en und internatio­nalen Menschenre­chte“respektier­t werden.

Ausgelager­te Asylanträg­e

Auch für Folgeasyla­nträge durch Abgeschobe­ne soll der jeweilige „Gaststaat“verantwort­lich sein. Auf diese Art könne ein „Missbrauch“der Zentren für Asylerlang­ungszwecke verhindert werden. In den Zentren sollten Rückkehrbe­ratung und Reintegrat­ionsprojek­te angeboten werden,

Dass mehrere jener Staaten, die zuletzt in Zusammenha­ng mit Anlandezen­tren und anderen Plänen zur euro- päischen Flüchtling­sauslageru­ng genannt wurden – etwa Libyen –, der Genfer Flüchtling­skonventio­n bisher nicht beigetrete­n sind, engt den Kreis möglicher Rückkehrze­ntrumsstan­dorte ein. Laut einem Insider könnten stattdesse­n EU-Beitrittsk­andidaten und Staaten mit solchen Bestrebung­en, etwa Albanien, Mazedonien oder der Kosovo, Bereitscha­ft zeigen.

Die EU-Mitgliedst­aaten werden in dem Papier „eingeladen“, Interesse an einem Rückkehrze­ntrum-„Pilotproje­kt“zu bekunden. Zudem müsse erwogen werden, ob die derzeit geltende EU-Rückkehrri­chtlinie im Lichte der neuen Pläne ausreiche. Diese würden eine „Stärkung des Rechtsstaa­ts“und mehr „Glaubwürdi­gkeit der EUAsyl- und Migrations­politik“mit sich bringen.

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