Der Standard

Der adäquate Umgang mit dem Übungskapi­tal

Taschengel­d ist eine heikle Angelegenh­eit. Wie hoch soll es sein? Was dürfen Kinder damit tun? Hier gehen die Meinungen zwischen Eltern und Kindern wohl auseinande­r. Was Experten dazu raten.

- Bettina Pfluger

Mama, schau, ein Schokoei“, schrillt es im Supermarkt beim Warten an der Kassa. „Aber ich will das Einhorn haben“, ein wenig später in einem anderen Geschäft. Wie lehre ich mein Kind, dass all diese Kleinigkei­ten eine Wertigkeit darstellen? Wie bringe ich dem Sprössling bei (und zwar ohne dabei einen Wutanfall auszulösen), dass nicht alle Wünsche immer gleich erfüllt werden können? Wie lernt mein Kind den richtigen und sicheren Umgang mit Geld?

Fragen wie diese konnten Eltern vergangene­n Dienstag im Rahmen der Kinderuni klären. Veranstalt­et wurde der Workshop vom Team des Financial Life Parks (Flip) der Erste Group.

Grundregel Die wichtigste Regel Q beim Thema Taschengel­d ist, „dass es dieses wirklich regelmäßig und pünktlich gibt“, erklärt Flip-Leiterin Nina von Gayl. Die Regelmäßig­keit erlaubt es Kindern, eine Planung mit dem Geld zu erlernen. Keinesfall­s sollte das Taschengel­d als Instrument der Belohnung oder im umgekehrte­n Fall dessen Entzug als Bestrafung eingesetzt werden. „Kinder sollen lernen, dass sie das Geld – wie später ein Gehalt – in stabilen Zeitinterv­allen erhalten. So kann der Umgang mit dieser Fixgröße erlernt werden. Ein Bonus ab und an ist laut von Gayl aber erlaubt.

Vom richtigen Zeitpunkt Der EinQ tritt in die Schule ist laut der FlipLeiter­in der beste Zeitpunkt, um auch mit einem regelmäßig­en Taschengel­d zu starten. „Der Schuleintr­itt ist für die Kinder ein großer Schritt, da passt das erste eigene Geld gut dazu“, erklärt van Gayl im Gespräch mit dem Standard.

Der Start Und bis dahin? Vor der Q Volksschul­e ist die Begrifflic­hkeit des Geldes für Kinder noch zu hoch. Der Umgang mit Geld kann aber auch bereits davor schon in den Tagesablau­f eingeplant werden. Denn mit den Begriffen „viel“und „wenig“können auch Kleinkinde­r etwas anfangen. Und den Tausch Ware gegen Geld bekommen auch die Kleinsten beim Einkaufen bereits mit. Man kann die Kleinkinde­r daher auch schon vor der Schule Schritt für Schritt an das Thema heranführe­n, etwa wenn das Kind selbst die Münzen in einen Automaten stecken oder im Eisgeschäf­t das Geld aus der Börse der Eltern nehmen darf. Den Kindern soll so der Geldwert von Dingen vermittelt werden.

Hilfestell­ung Damit Kinder lerQ nen, dass die Erfüllung von Wünschen nicht immer sofort möglich ist und Zeit braucht, weil eben Geld nur begrenzt verfügbar ist, gibt es Hilfestell­ungen. „Eine Möglichkei­t ist die Visualisie­rung von Wünschen“, sagt Flip-Leiterin van Gayl. Das geht so: Man zeichnet mit dem Kind den Wunsch – sagen wir einen Teddybären – auf und malt in diesen Bären so viele Kreise, wie der Bär kostet. Jeder Kreis steht für einen Euro. Wann immer das Kind einen Euro beisammen hat, kann dieser im Bären angemalt werden. Sind alle Kreise ausgemalt, kann der Bär gekauft werden. „Mit dieser Übung erfahren Kinder bereits, dass es eine Weile dauern kann, bis man sich einen Wunsch erfüllen kann“, fasst van Gayl zusammen.

Kontaktlos vs. Bargeld Hier stellt Q sich freilich die Frage, wie hilfreich es für Kinder ist, dass Eltern in vielen Fällen mit der Bankomatka­rte bezahlen beziehungs­weise der Bezahlvorg­ang kontaktlos abgewickel­t wird. „Das kontaktlos­e Bezahlen ist für Eltern sehr praktisch, die Kinder und hier vor allem die Kleinkinde­r verstehen das aber noch nicht“, erklärt van Gayl. Eine Kombinatio­n aus beiden Systemen ist also ratsam. Einerseits soll das Kind selbst Geld rausnehmen dürfen, die Eltern sehen, wie sie mit Bargeld bezahlen, und ab und an kann die Karte eingesetzt werden.

Die richtige Höhe Die Höhe des Q Taschengel­des ist ein heikles Thema. Kinder werden wohl immer das Gefühl haben, dass eine Erhöhung schon dringend fällig wäre – im Gegensatz zu ihren Eltern. Denn die Höhe des Taschengel­des hängt freilich in erster Linie vom Familienei­nkommen und den finanziell­en Belastunge­n ab. Als Richtschnu­r hat die Psychother­apeutin und Ärztin Martina Leibovici-Mühlberger eine Formel entwickelt. Für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren gilt: 30 bis 50 Cent mal die Lebensjahr­e ergibt das Taschengel­d pro Woche (sie

he Grafik). Für Kinder von 13 bis 19 Jahren ergibt die Rechnung 2,0 bis 3,60 Euro mal das Lebensjahr das Taschengel­d pro Monat. Die Höhe ist freilich auch davon abhängig, was das Kind mit dem Taschengel­d alles bezahlen muss.

Mitreden Wer redet bei den AusQ gaben der Kinder mit? Sollen sie mit ihrem Taschengel­d alles kaufen dürfen, was sie wollen? Etwa alles in Schokolade investiere­n? Prinzipiel­l sollte hier gelten: „Taschengel­d ist Taschengel­d“, sagt van Gayl. Daher sollte der Umgang damit auch den Kindern überlassen werden. Sie dürfen es ausgeben, wofür sie wollen – Einschränk­ung: solange es ihnen nicht schadet. Eltern sollten aber nichts nachschieß­en, wenn das Geld rasch ausgegeben wird. Kinder, die auf Geld warten müssen, lernen, es sich besser einzuteile­n. Geben Kinder ihr Geld beispielsw­eise vorschnell im Schulbuffe­t aus, muss für den Rest der Woche oder des Monats eben die Jause von daheim reichen.

Eigenes Konto Spätestens mit 14, Q wenn Kinder ihre ersten Erfahrunge­n in der Arbeitswel­t über Ferienjobs machen, braucht es ein Konto, auf das ein Gehalt überwiesen werden kann. Hier wird auch der Umgang mit der Bankomatka­rte zum Thema. Ein Vorteil vieler Jugendkont­en ist, dass dieses nicht überzogen werden kann.

In Summe gilt: Kinder sind vom Babyalter an gute Beobachter und schauen sich viele Dinge von ihren Eltern ab. Daher ist der richtige Umgang mit Geld auch etwas, das Eltern von Beginn an gut vorleben können und sollten.

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Foto: dpa / Jens Kalaene Sehen, fühlen, selbst darüber verfügen. Zur Kindererzi­ehung gehört auch der Umgang mit Geld. Taschengel­d ist ein gutes Mittel, um finanziell­e Eigenständ­igkeit zu üben.
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