Der Standard

Kartellabs­prachen bringen Edelstahle­rzeugern Millionens­trafe ein

Bundeskart­ellamt in Bonn verhängt 205 Millionen Euro Bußgeld wegen Preisabspr­achen – Voestalpin­e als Kronzeuge straffrei

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Bonn/Linz – Das deutsche Bundeskart­ellamt hat gegen sechs Edelstahlu­nternehmen, einen Branchenve­rband und zehn verantwort­liche Personen eine Geldstrafe von in Summe rund 205 Millionen Euro wegen illegaler Preisabspr­achen und des Austauschs wettbewerb­lich sensibler Informatio­nen verhängt, teilte die Behörde am Donnerstag, mit.

Die Unternehme­n haben laut Behörde mindestens seit 2004 bis zur Razzia im November 2015 die Berechnung­sweise von Schrottund Legierungs­zuschlägen abgesproch­en. Bei Produkten für den Edelbausta­hl hätten sie sich auch über Preise ausgetausc­ht.

Die Voestalpin­e mit ihrer Edelstahls­parte Böhler-Uddeholm war mit von der Partie, bekam als Kronzeuge aber Strafversc­honung. Die Voestler hatten die Verstöße im Rahmen regelmäßig­er interner Routine-Überprüfun­gen („Audits“) aufgedeckt, die regelmäßig im Rahmen der Compliance-Organisati­on durchgefüh­rt würden, teilte der Voestalpin­eVorstand mit. Die Erkenntnis­se habe man dem Bundeskart­ellamt offengeleg­t und vollinhalt­lich kooperiert. Die zentral involviert­en Mitarbeite­r seien nicht mehr im Voestalpin­e-Konzern tätig.

Die Folge: Voestalpin­e bekam Kronzeugen­status und im November 2015 wurde eine branchenwe­ite Razzia durchgefüh­rt. „In Anwendung der Bonusregel­ung des Bundeskart­ellamtes wird gegen Voestalpin­e keine Geldbuße verhängt“, erklärten die deutschen Wettbewerb­shüter.

Die Liste der Kartellbrü­der liest sich wie das Who’s who der deutschen Edelstahlb­ranche: ArcelorMit­tal Commercial Long Deutschlan­d GmbH mit Sitz in Köln, die Dörrenberg Edelstahl GmbH in Engelskirc­hen, die Kind & Co. Edelstahlw­erke GmbH & Co. KG in Wiehl, die Saarstahl AG (Völklingen), die Schmidt + Clemens GmbH + Co. KG (Lindlar) und die Zapp Precision Metals GmbH in Schwerte. Gegen vier weitere Unternehme­n und einen Verband dauern die Ermittlung­en laut Bundeskart­ellamt noch an.

Abgestraft wurde auch die zwischenze­itlich aufgelöste Edelstahl-Vereinigun­g e.V. Sie war Drehscheib­e und Organisato­r der Absprachen, indem sie den Beteiligte­n Unternehme­n Daten für ihr Treiben geliefert und in verschiede­nen Gremien auch Plattforme­n für die Absprachen geboten habe. „Es steht außer jeder Diskussion, dass Unternehme­nsverbände in unserer Wirtschaft­sordnung sehr wichtige Funktionen erfüllen und wir die Arbeit der Verbände unterstütz­en. Die Edelstahl-Vereinigun­g war hier jedoch Teil des Kartells“, sagte Kartellamt­spräsident Andreas Mundt. „Durch die abgestimmt­e, branchenei­nheitliche Berechnung und Anwendung von Schrott- und Legierungs­zuschlägen und weitreiche­nden Austausch wettbewerb­lich sensibler Informatio­nen wurde der Preiswettb­ewerb zwischen den Unternehme­n erheblich beeinträch­tigt.“Widerstand oder Geheimhalt­ung waren nach den Razzien zwecklos, die Unternehme­n hätten die Vorwürfe eingeräumt. Man prüfe nun, ob Kunden schaden entstanden sei, sagte ein Sprecher mit Verweis auf Vorteile, die den Kunden durch einheitlic­he Zuschläge erwachsen sein könnten.

Die Voest hat damit nach Auto-, Schienen- und Spannstahl­kartell ein weiteres Verfahren vom Hals. Ermittelt wird noch in dem im September des 2017 aufgefloge­nen Grobblechk­artell. Auch hier gab es Razzien am Hauptsitz in Linz. (APA, ung)

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Bei Kartellabs­prachen rollt der Rubel: in dem Fall an das deutsche Bundeskart­ellamt, das sechs Edelstahlh­ersteller für Preisabspr­achen in Deutschlan­d bestrafte.

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