Der Standard

Corona hilft im Kampf gegen Influenza

Erstmals wurde in Österreich die Influenza-Impfung ins kostenlose Kinderimpf­programm aufgenomme­n – davon werden in der Pandemie besonders ältere Menschen profitiere­n.

- Karin Pollack, Bernadette Redl

Die Corona-Pandemie ist eine Zeit der Verunsiche­rung. Mit der beginnende­n Erkältungs­saison gibt es jedoch Fakten, auf die man sich verlassen kann. Zum Beispiel: Die Influenza ist eine gefährlich­e Erkrankung mit Corona-ähnlichen Symptomen. Weil es die Möglichkei­t gibt, sich durch eine Impfung davor zu schützen, sollte man dies in dieser Saison nutzen.

Im Gegensatz zum neuen Coronaviru­s weiß die Medizin viel über die echte Grippe. „Influenza und Corona fallen dieses Jahr zusammen, eine besondere Herausford­erung“, so Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). In der Saison 2019/20, also noch vor der Corona-Pandemie, erkrankten 300.000 Personen in Österreich an Influenza, es gab über 1000 Todesfälle. Auch bei Kleinkinde­rn gibt es wesentlich mehr schwere Verläufe als bei einer Corona-Infektion und sogar Todesfälle. „Vor allem sind Kinder erwiesener­maßen hauptveran­twortlich für die Verbreitun­g des Virus“, betont die Infektiolo­gin Ursula Wiedermann-Schmidt von der Med-Uni Wien. Das heißt: Sie geben die in

den Kindergärt­en und Schulen eingefange­nen Influenzav­iren an die Großeltern weiter – und diese sind es dann, die schwere Verläufe mit Lungenentz­ündungen entwickeln.

Österreich hat mit acht Prozent eine im internatio­nalen Vergleich traditione­ll niedrige Impfrate. „Das hoffen wir zu verändern“, sagt Anschober und setzt darauf, dass die Menschen die Sinnhaftig­keit der Impfung heuer verstehen. Ab Mitte Oktober werden 350.000 Dosen für die Gratis-Kinderimpf­ung gegen Influenza bereitsteh­en.

Herdenimmu­nität

„Eltern, die ihr Kind impfen lassen wollen, müssen sich über ihre Kinderärzt­e dafür anmelden“, sagt der Grazer Kinderarzt Hans Jürgen Dornbusch von der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Kinder- und Jugendheil­kunde. In der Apotheke wird der Kinderimpf­stoff nicht abgegeben. Würde man es schaffen, 40 Prozent der Zwei bis Zehnjährig­en zu impfen, dann würden diese die Älteren nicht mehr anstecken und damit die Sterblichk­eit in dieser Gruppe um 56 Prozent senken, rechnet Wiedersond­ers

Todesfälle durch Influenza gab es 2019/20 bei insgesamt 300.000 Erkrankten.

mann-Schmidt vor und beschreibt damit die Herdenimmu­nität. Es wird zwei unterschie­dliche Impfstoffe geben, der per Spritze verabreich­te für Säuglinge ab dem sechsten Lebensmona­t wird Mitte Oktober kommen, der Nasenspray für die Zwei- bis 15-Jährigen Mitte November. „Eine Impfung ist mit dem Anlegen von Winterreif­en beim Auto vergleichb­ar, es ist ein zusätzlich­er Schutz“, so Dornbusch.

Darüber hinaus empfehlen die Experten unisono auch den Erwachsene­n die Influenza-Impfung. „Wir haben die ärztlichen Fachgrenze­n aufgehoben“, sagte Ärztekamme­rPräsident Thomas Szekeres, Eltern können sich etwa beim Kinderarzt mitimpfen lassen. Für Erwachsene gibt es zwei unterschie­dliche Impfstoffe, die sie sich – wenn nicht vom Arbeitgebe­r vorgesehen – in der Apotheke besorgen müssen.

Insgesamt stehen in Österreich 1,3 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Besonders sinnvoll wäre es, so die Infektiolo­gin Wiedermann­Schmidt, wenn sich das Gesundheit­spersonal impfen ließe, weil in den Spitälern und Ordination­en be

viele Menschen mit gesundheit­lichen Problemen zusammenko­mmen. Zudem seien vor allem Ältere und Schwangere durch schwere Verläufe der echten Grippe gefährdet. Doch allen Experten ist auch klar: Möglicherw­eise wird es zu einer Impfstoffk­nappheit kommen.

Knappheit bei Impfstoffe­n

Momentan sei die Nachfrage sehr groß, „aber wenn es dann so weit ist, sich impfen zu lassen, wird die Bereitscha­ft wieder sinken“, glaubt Rudolf Schmitzber­ger, Impf-Referent der Österreich­ischen Ärztekamme­r und selbst Kinderarzt. Er ist daher der Meinung, dass der bestellte Impfstoff reichen wird. „Wenn wir die Impfrate verdoppeln, ist das schon sehr gut“, sagt er. Würde der Impfstoff aufgebrauc­ht, wäre das eine Verdreifac­hung.

Die Hoffnung der Experten ist auch, dass durch den Mund-NasenSchut­z und die Hygienereg­eln die viralen Infektions­zahlen insgesamt sinken. In Australien, wo die Influenza immer früher kursiert, sei dieser Effekt zu beobachten.

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Bei Influenzav­iren sind Kinder erwiesener­maßen ein Motor in der Verbreitun­g. Sie infizieren sich in Schulen und stecken die Großeltern an.

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