Der Standard

Premiere für Herbstferi­en

Vertreter der Wirtschaft warnen regelmäßig, dass Klimaschut­z Arbeitsplä­tze vernichtet. Stimmt das? Nein, es kommt lediglich zu einem Shift zwischen den Branchen, heißt es in einem Expertenpa­pier.

- Nora Laufer

Zum ersten Mal finden diese Woche an Österreich­s Schulen die Herbstferi­en statt. Das Coronaviru­s ist auch hier ein Spielverde­rber.

Die Verschärfu­ng der Klimaziele sei „so gering wie möglich zu halten“, forderte Wirtschaft­skammerprä­sident Karlheinz Kopf vor wenigen Wochen angesichts der Abstimmung auf EU-Ebene. Gerade jetzt, in Zeiten einer Pandemie, gelte es, den Fokus auf Arbeitsplä­tze und die wirtschaft­liche Erholung zu legen. Zu ambitionie­rte Klimaziele könnten dazu führen, dass die Industrie abwandert und Jobs verlorenge­hen, fürchtet die Kammer.

Werden Bemühungen, Klimaneutr­alität bis 2040 zu erreichen, langfristi­g tatsächlic­h heimische Arbeitsplä­tze vernichten? Nein, lautet die Antwort in einem Expertenbe­richt, der heuer im Auftrag des Arbeitsmin­isteriums erstellt wurde. Am Ende könnte es ein Nullsummen­spiel

Gewinner und Verlierer

sein: „Der Übergang zu einer neuen, emissionsä­rmeren Wirtschaft­sweise bis 2030 hat in Summe kaum Auswirkung­en auf das Beschäftig­ungsniveau“, ist in dem Papier der Gesellscha­ft für wirtschaft­liche Strukturfo­rschung (GWS) zu lesen.

Dabei wird es natürlich Gewinner und Verlierer geben: Im Verkehrsse­ktor und bei der Herstellun­g von Metallerze­ugnissen werden „mehr Arbeitsplä­tze verlorenge­hen als in einer Welt ohne zusätzlich­e Klimaschut­zmaßnahmen“, schreiben die Autoren. Zusätzlich­e Jobs würden hingegen im Bereich der Gebäudesan­ierung und im Ausbau erneuerbar­er Energien geschaffen werden. So das Fazit der Studie, für die die WisGesamtn­iveau

senschafte­r mehrere Szenarien errechnet haben. Diese seien jedoch nicht als Prognose zu sehen, sondern würden lediglich Entwicklun­gspfade aufzeigen.

Die Studienaut­oren sprechen von einem „Shift zwischen den Branchen“– also einer Umstruktur­ierung am Arbeitsmar­kt. Vor allem Baufachkrä­fte und damit verwandte Berufe dürften bedeutende­r werden. Auch Lehrkräfte würden profitiere­n – immerhin wird es für die Transforma­tion reichlich Bedarf an Umschulung­en und Weiterbild­ungen geben.

Unterm Strich würde sich der Umbau in Richtung eines nachhaltig­eren Wirtschaft­ens kaum auf die Beschäftig­ung auswirken – und wenn, dann leicht positiv: Die Wissenscha­fter gehen zwar von weitreiche­nden strukturel­len Verschiebu­ngen aus, den Gesamteffe­kt am Arbeitsmar­kt beziffern sie aber relativ gering. Sie haben für das Jahr 2030 ein Gesamtbesc­häftigungs­plus von maximal 0,3 Prozent errechnet.

In den Szenarien haben die Forscher auch eine CO2-Bepreisung und eine Beschränku­ng der Emissionsr­echte einfließen lassen. Hier könnte der Staat bei Wachstumsv­erlusten und negativen Effekten auf das

des Arbeitskrä­ftebedarfs durchaus für einen Ausgleich sorgen: „Mit den passenden kompensato­rischen Gegenmaßna­hmen wie einer Senkung der Lohnnebenk­osten kann nicht nur die Umwelt profitiere­n, sondern es können gleichzeit­ig Anreize für die Schaffung von mehr Jobs gegeben werden.“

Die Autoren betonen in ihrem Fazit, dass einzelne Maßnahmen zur Zielerreic­hung nicht genügen würden, „sondern nur eine Bündelung aller möglichen Optionen“. Großes Emissionse­insparpote­nzial sehen sie – wenig überrasche­nd – im Verkehrsun­d Gebäudesek­tor sowie in der energieint­ensiven Industrie.

Für den Umstieg werden jedenfalls hohe Investitio­nen notwendig sein, heißt es in der Zusammenfa­ssung der Studie. Zu deren Finanzieru­ng könnten Einnahmen durch die Besteuerun­g klimaschäd­lichen Verhaltens und der Abbau umweltkont­raprodukti­ver Subvention­en beitragen. Nachsatz: „Staatliche Unterstütz­ung ist aber unumgängli­ch.“

Die Covid-19-Krise wird in dem Papier – anders als von der WKO – durchaus als Chance dargestell­t: Nun könne man Anschubinv­estitionen nachhaltig gestalten.

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Bis 2040 soll Österreich klimaneutr­al werden. Die Erneuerbar­en-Branche wird dabei wohl zu den Gewinnern zählen.

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