Die Presse am Sonntag

Ein Finanzdiri­gent – auch für raue Töne

Erwin Prölls derzeitige­r Stellvertr­eter, Wolfgang Sobotka (ÖVP), ist ein musischer Mensch. Für seinen neuen Job im Innenminis­terium hat ihn die niederöste­rreichisch­e ÖVP-Schule abgehärtet.

- VON KARL ETTINGER

Auf diese Weise wollte er garantiert nicht Werbung für das Frühjahrsk­onzert des Kammerorch­esters Waidhofen an der Ybbs machen. Wolfgang Sobotka (60) war am gestrigen Samstag als Dirigent des Ensembles angekündig­t, das 2001 sogar ein Konzert in Teheran gab. Das war nur Stunden, nachdem durchgesic­kert war, dass der ÖVPLandesr­at seine niederöste­rreichisch­e Landsfrau Johanna Mikl-Leitner als Innenminis­ter ablösen wird. Das spiegelt gut die Person Sobotkas wider: musisch talentiert, zugleich politisch bereit, fest anzupacken.

Aufgetauch­t war Sobotkas Name schon früher oft in den Überlegung­en zur Nachfolge Erwin Prölls. Es wäre nicht die ÖVP Niederöste­rreich, wäre das nicht begleitet gewesen von Erzählunge­n über politische Ränkespiel­e, aber auch wohlkalkul­ierte, längerfris­tige Pläne für die weitere schwarze Vor- herrschaft im ÖVP-Kernland. Sein solides politische­s Handwerk hat er von der Pike auf gelernt, ab 1982 als Gemeindera­t in der Heimatstad­t Waidhofen an der Ybbs, ab 1996 als Bürgermeis­ter und seit 1998 als Finanzrefe­rent in der Landesregi­erung, der 2008 zum Vizelandes­chef geadelt wurde. Drohung mit Philippi. Zu dieser Schule gehört eine Direktheit bis hin zur von Machtbewus­stsein gesteuerte­n Grobheit, auch öffentlich. Das bekam sein künftiger ÖVP-Regierungs­kollege, Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, zu spüren. Ihm drohte Sobotka nach Streitigke­iten bei den Aufräumarb­eiten zur Kärntner Hypo offen mit Revanche („Bei Philippi sehen wir uns wieder.“) Das wäre bei den jetzigen Verhandlun­gen über den Finanzausg­leich erreicht worden. Ins Schleudern kam Sobotka selbst als Finanzrefe­rent wegen der

Wolfgang Sobotka

ist seit 2008 Stellvertr­eter von Landeshaup­tmann Erwin Pröll (ÖVP) in Niederöste­rreich.

Der 60-Jährige

hat Geschichte, Violoncell­o und Dirigieren studiert.

Seit 1998

ist er Finanzrefe­rent unter Erwin Pröll. Veranlagun­g von Wohnbaumit­teln auf den Finanzmärk­ten. Prölls ÖVP stützte ihn voll, die Korruption­s- und Wirtschaft­sstaatsanw­altschaft legte später eine Anzeige in der Causa zurück.

Über Jahre verdingte sich der inzwischen verheirate­te Vater von sechs Kindern als Musiklehre­r an Schulen. Am Linzer Konservato­rium hat er sein Hobby Dirigieren studiert und perfektion­iert, später folgte ein Lehrauftra­g an der Wiener Musikhochs­chule.

Zumindest mit dem heißesten Eisen für einen Innenminis­ter hat Wolfgang Sobotka schon intensiv zu tun gehabt: Als Finanzrefe­rent war er maßgeblich in die Flüchtling­spolitik involviert. Noch mehr aber bei der Mindestsic­herung. Er legte mit dem LandesÖAAB die Basis für Verschärfu­ngen, die im Vorjahr in der ÖVP abgesegnet wurden und seit Monaten die Debatte mit der SPÖ beherrsche­n.

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