Die Presse am Sonntag

Wie man den idealen Präsidente­n bastelt

Im Rennen um ©ie Hofãurg versuchen ©ie KŻn©i©Żten, sich gegenseiti­g zu üãerãieten. Doch welche Fähigkeite­n muss ein StŻŻtsoãer­hŻupt mit sich ãringen, um ãeim Volk ãelieãt zu sein? Un© welcher KŻn©i©Żt kŻnn in welcher KŻtegorie punkten?

- VON PHILIPP AICHINGER

Eine Diskussion, in der man sprachlich brillieren muss. Ein Auftritt auf dem Marktplatz, um sich volksnah zu geben. Ein Interview, in dem man auf mögliche Wissenslüc­ken abgefragt wird. Die Bundespräs­identschaf­tskandidat­en werden dieser Tage auf Herz und Nieren geprüft. Eine Woche vor der Wahl versucht jeder zu zeigen, dass er das beste Staatsober­haupt wäre.

Aber was muss man eigentlich alles mitbringen, um ein beliebter Bundespräs­ident zu werden? Der Versuch, ein ideales Staatsober­haupt zu basteln. „Mit großer Sorge“konstatier­te schon Thomas Klestil, was im Staate Österreich schiefläuf­t. Auch Rudolf Kirchschlä­gers Forderung nach dem „Trockenleg­en der Sümpfe und sauren Wiesen“im Zusammenha­ng mit dem AKH-Skandal wurde legendär. Heinz Fischer verstand es – wenn auch meist dezent – ebenfalls darauf hinzuweise­n, wenn etwas nicht passte. Von einem Bundespräs­identen erwartet man sich, dass er einen mahnenden Zeigefinge­r hat. Und diesen, falls nötig, erhebt, um die Politik zu tadeln. Auch gute rhetori- sche Fähigkeite­n, um staatstrag­ende Reden zu halten, gehören dazu.

Dass sich der Präsident aber zu sehr in innenpolit­ische Details einmischt, ht, wollen die Österreich­er auch wiederder nicht. Laut einer Umfrage aus dem Jahr ahr 2014 meinen 59 Prozent, dass Östererrei­ch ohne Bundespräs­identen gut regiert werden könnte. Trotzdem wollen en vier von fünf Österreich­ern aber einenen Bundespräs­identen haben. In einer älteren Umfrage aus dem Jahr 2003 meininten nur 21 Prozent, dass sich das Staatstsob­erhaupt (damals war dies der auch im heurigen Wahlkampf umstritten­e Präsisiden­t Klestil) aktiv in die Innenpolit­ikk einbringen sollte. Trotz aller Umfragen betonen die jetzigen Kandidaten aber wieder, sich stark in die Innenpolit­ik einmischen zu wollen. Bei Länderspie­len auf der Ehrentribü­ne das Team anfeuern, MannerSchn­itten essen, österreich­ischen Erfolgsträ­gern gratuliere­n: Auch das sind Dinge, die man sich hierzuland­e von einem Bundespräs­identen erwartet.

Selbst Grün-Politiker, an sich nicht dafür bekannt, in Patriotism­us zu schwelgen, kommen da nicht umhin. Wenn ihr einstiger Parteichef Alexander Van der Bellen das Wort „Heimat“plakatiert, hat das einen guten Grund: So kann er mehrheitsf­ähig werden. Es war auch kein Zufall, dass Andreas Khol sich mit den Worten „I mog des Land, i mog die Leit“als patriotisc­her Kandidat präsentier­te.

Die immer betont national auftretend­en Freiheitli­chen rund um Norbert Hofer versuchen noch eins draufzuset­zen: „Deine Heimat braucht dich jetzt“, appelliert Hofer auf Plakaten vor rot-weiß-roter Flagge an die Wähler. Er kann beim Thema Heimat wegen der Flüchtling­skrise auf Stimmen hoffen. Besonders wichtig ist Österreich­ern laut Umfragen, dass der Präsident das Land nach außen hin gut repräsenti­ert. Dass er ein gutes Bild bei Staatsbesu­chen hinterläss­t. Dass er Aufträge für die Wirtschaft an Land zieht, damit die Arbeitsplä­tze gesichert werden. Idealerwei­se soll der Bundespräs­ident dann auch noch möglichst viele Sprachen und vor allem Englisch beherrsche­n, um internatio­nal zu brillieren.

Rudolf Hundstorfe­r und Richard Lugner zeigten im Wahlkampf bei den Sprachkenn­tnissen noch Nachholbed­arf. Sprache ist aber nicht alles: Mit dem Argument, sie sei die Erste, die mit 101 Staatschef­s in deren Sprache spricht, konnte Benita Ferrero-Waldner 2004 nicht die Hofburg erobern. Ein Scherzchen hier, ein Witzchen dort: Wer bei Auftritten im Volk reüssieren möchte, braucht in Österreich einen guten Schmäh. Heinz Fischer etwa beherrscht den Spagat zwischen dem Auftritt als ernster, staatstrag­ender Politiker und als lustiger Onkel von nebenan. Er kann innerhalb von Sekunden in die jeweils andere Rolle wechseln. Vorteile gibt es in der Kategorie auch für die humorerpro­bten Van der Bellen und Khol. Auf ein Witzefeuer­werk von Irmgard Griss muss die Nation hingegen wohl noch länger warten. Ein Präsident soll über den Parteien stehen und unabhängig sein. Er muss frei bewegliche Arme haben und darf nicht als Marionette einer Partei fungieren. Auch das ist laut Umfragen ein Herzensanl­iegen der Österreich­er. Nicht umsonst legen Bundespräs­identen zumindest während ihrer Amtszeit ein etwaiges Parteibuch zurück. Irmgard Griss und Richard Lugner können hier beide damit punkten, keiner Partei anzugehöre­n. Auch Van der Bellen positionie­rt sich als unabhängig­er Kandidat, kann aber weder seine politische Vergangenh­eit noch sein grünes Wahlkampfu­mfeld leugnen. Nicht nur am Tag der offenen Tür darf (oder muss) man sich als Bundespräs­ident die Sorgen der Bevölkerun­g anhören. Der Bundespräs­ident soll gut zuhören können, die Probleme verstehen, „einer von uns sein“. Nicht umsonst hat sich der Gewerkscha­fter Rudolf Hundstorfe­r diesem Wahlkampfs­logan verschrieb­en, um als Mann des Volkes mit seiner Herkunft aus einfachen Verhältnis­sen zu punkten. Auch Richard Lugner positionie­rt sich mit einfachen Formulieru­ngen als Kontrapunk­t zu „denen da oben“.

Die Frage, ob ein Kandidat abgehoben ist, wird in der Öffentlich­keit aber auch immer wieder im Zusammenha­ng mit dem Verdienst diskutiert. So geriet Hundstorfe­r in die Schlagzeil­en, weil er über seinen mit Spenden finanziert­en Wahlkampfv­erein rund 13.000 Euro bezieht. Aber auch die üppigen Pensionen von Khol, Griss und Van der Bellen wurden thematisie­rt. Selten noch wurde in einem Wahlkampf so viel über die Frage diskutiert, was ein Bundespräs­ident eigentlich alles darf. So lebten Van der Bellen und Lugner im Irrglauben, dass der Bundespräs­ident einfach den Nationalra­t entlassen kann (was er aber nur auf Vorschlag der Bundesregi­erung darf ).

Gerade als Staatsober­haupt ist es wichtig, die Verfassung zu kennen. So ist es etwa Aufgabe des Bundespräs­identen, mit seiner Unterschri­ft zu bezeugen, dass ein Gesetz verfassung­skonform zustande gekommen ist. Die Juristen Khol und Griss könnten hier einen Vorteil für sich reklamiere­n.

Freilich: Einmal ins Amt gewählt, kann man als Bundespräs­ident ohnedies einen Beratersta­b anstellen. Für verfassung­srechtlich­e Themen, für das Dolmetsche­n, aber auch für alle anderen Fragen. Die zentralen Botschafte­n an das Volk und die Politik kann aber doch nur der Bundespräs­ident allein übermittel­n. Einmal gewählt hat er sechs Jahre Zeit, an seinem Ruf zu basteln. Wenn das Volk das Ergebnis gut findet, sogar zwölf.

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