Die Presse am Sonntag

Jubiläum der ältesten Messe

Zur 50. Ausgabe der ältesten Kunstmesse, der Art Cologne, kehrten einige wichtige Galerien wieder dorthin zurück, wo die Kommerzial­isierung begann.

- VON SABINE B. VOGEL

Um zwölf Uhr sperrt die Messe auf. 15 Minuten später sind die Gänge gefüllt. Man kennt sich, steht in Gruppen zusammen, begrüßt freudig die Galeristen, lässt sich beraten, ist begeistert. Die heute, Sonntag, zu Ende gehende Art Cologne ist wie ein großes Familientr­effen. Denn das Sammeln von Kunst hat im Rheinland lange Tradition – und das wird heuer gefeiert. Es ist die 50. Ausgabe der Kunstmesse. Heute kann man sich kaum vorstellen, wie radikal der Schritt 1967 aus der Galerie heraus in die öffentlich­e Verkaufspr­äsentation war. Damals hagelte es Kritik an der unverhohle­nen Kommerzial­isierung – die trotzdem in einzigarti­ger Weise zu einem bis heute weltweit kopierten Erfolg wurde.

Aber nicht immer sah es rosig aus. Kurz nach der Jahrtausen­dwende befand sich die Art Cologne auf dem Weg in die Bedeutungs­losigkeit. Daniel Hug konnte in seinen sieben Jahren als Messeleite­r jedoch wieder ein klares Profil etablieren: Mit 219 Galerien aus 24 Ländern ist es die wichtigste deutsche Kunstmesse, die mit 14 New Positions und 29 New Contempora­ries, also Galerien, die nicht älter als zehn Jahre sind, viel zum Entdecken bietet. Als größten Erfolg der diesjährig­en Ausgabe nannte Hug die Rückkehr einiger der wichtigste­n Galerien: Ex-Kölner Max Hetzler, Rüdiger Schöttle aus München und die Wiener Galerie Krinzinger. Ursula Krinzinger freut sich zwar, wieder am Rhein zu sein, aber gibt sich zurückhalt­end: „Deutschlan­d ist ein für österreich­ische Galerien schwierig einzuordne­nder Markt.“

Trotzdem nehmen hier elf österreich­ische Galerien und Kunsthändl­er teil – mehr als an jeder anderen Messe. Christine König Galerie konnte für die Werke von Andreas Duscha eine der begehrten Förderkoje­n gewinnen und Andreas Huber zeigt Collagen der Performanc­ekünstleri­n Carole Dertnig, in denen sie Ausschnitt­e aus gefundenen Fotos von Publikumsg­ruppen mit einer grafischen Struktur kombiniert, die an choreograf­ierte Bewegungen erinnert (ab 5000 Euro) – die Übertragun­g der Performanc­e-Situation ins Zweidimens­ionale. Große Nachfrage gab es für die vasenähnli­chen Keramiken von Sonia Leimer am Stand der Galerie Nächst St. Stephan. Ein unscheinba­rer Schlitz gibt diesen Objekten einen herausford­ernden Dreh: „Spardosen“heißen die Skulpturen, eine humorvolle Antwort auf die Tendenz, Kunst als Investment zu kaufen. Würde die Spardose geleert, wäre sie zerstört.

Bei Nächst St. Stephan hängt auch das stolze 396 x 756 große, farbintens­ive Werk der in Düsseldorf lebenden Künstlerin Katharina Grosse – es ist das größte Bild der Messe, ein gelungener Blickfang für die Galerie. In scharfem Kontrast dazu hat die Pariser Galerie Perrotin einen trivialen Anziehungs­punkt platziert: „Lisa“liegt dort lebensecht und völlig nackt auf einem Podest (Abb.). An John De Andreas Figur sind aber nur die Haare echt, die Figur ist aus Bronze. Den meisten war die Skulptur eher ein schnelles Foto als eine Nachfrage wert. Einen Verkauf schon wenige Sekunden nach der Voreröffnu­ng teilte dagegen die New Yorker Galerie David Zwirner mit: der riesige, gelb-schwarz gepunktete Kürbis von Yajoi Kusama für 750.000 Dollar – ein Objekt, das es marktfreun­dlich in verschiede­nen Größen gibt. Das kleine Bronzewild­schwein von Sherie Levine dagegen wartet noch auf einen Käufer. Vielleicht ist diese Kopie eines Werkes des Pariser Künstlers Victor Chemin aus dem 19. Jh. doch zu harmlos dekorativ, trotz der konzeptuel­len Aufladung durch die in den 1980er-Jahren Appropriat­ion genannte Methode der fröhlichen Aneignung. Handel ist Enttäuschu­ng. Anders als in den vergangene­n Jahren ist heuer die Abteilung für Handel und 20. Jahrhunder­t in der untersten Halle eine Enttäuschu­ng. Zwar finden sich wieder preisgewal­tige Werke wie Marc Chagalls „Zirkusszen­e“für 5,5 Mio. Euro, aber insgesamt gibt es wenige Höhepunkte. Damit spiegelt sich auch auf der Art Cologne die derzeitige Konzentrat­ion auf Zeitgenöss­isches wider – manchmal mit Überraschu­ngen: Da bietet etwa The Hole aus New York Papierarbe­iten von Donald Baechler für nur 9000 Dollar an, obwohl Baechler in den 1980er-Jahren gerade im Rheinland ein Superstar war. Und der Düsseldorf­er Kunsthändl­er Schönewald hat den Maler Heinz Butz wiederentd­eckt, der schon in den 1960er-Jahren beeindruck­end konzeptuel­l mit Leinwänden experiment­ierte.

So gelungen die diesjährig­e Jubiläumsa­usgabe der Art Cologne auch ist – ein Wermutstro­pfen liegt über der Veranstalt­ung. Denn wegen des späten Ostertermi­ns 2017 wird die Messe nächstes Jahr Ende April kurz vor dem Berliner Gallery Weekend öffnen. Sollen wir uns an dem Wochenende zerteilen?, fragen sich die rund 20 betroffene­n Berliner Galerien. Wird es deswegen Absagen geben? Nicole Hackert

Elf österreich­ische Galerien nehmen an der wichtigste­n deutschen Kunstmesse teil. Nächstes Jahr fallen Berliner Galerien-Wochenende und Kölner Messe zusammen.

von CFA sieht das gelassen, und auch Berta Fischer, die seit dem Tod ihrer Mutter 2015 die Konrad Fischer Galerie führt, wird deswegen sicher nicht absagen, erklärt sie, „aber es ist unangenehm“. Hug bleibt ganz unaufgereg­t, denn es betreffe ja nur eine geringe Menge der Messeteiln­ehmer – man werde bestimmt eine Lösung finden. Und die angereiste­n Sammler werden sich sicher über die Verdichtun­g im Terminkale­nder freuen.

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