Die Presse am Sonntag

Krise im griechisch­en Fernsehmar­kt

Die Regierung TsiprŻs streãt eine rŻ©ikŻle Verringeru­ng ©er lŻn©esweit sen©en©en TV-KŻn´le Żn. MegŻ TV, ©er größte privŻte Sen©er, steht vor ©em Aus. Er kŻnn we©er Kre©itrŻten noch MitŻrãeite­r ãezŻhlen.

- VON CHRISTIAN GONSA

Schluss mit den Fanfaren für Griechenla­nds größten TV-Sender, Mega TV: Statt der Hauptabend­sendung mit ihren längst zur Institutio­n gewordenen Eingangskl­ängen ist in den vergangene­n Wochen oft nur aufgewärmt­e Serienkost zu sehen. 26 Jahre lang hat Mega Nachrichte­n gemacht, anstatt sie wiederzuge­ben – informativ und plakativ, mächtig, arrogant. Nun legt das Personal des Senders die Arbeit nieder, weil es nicht mehr bezahlt wird. Die Banken haben die Gehaltskon­ten der Trägergese­llschaft Tiletypos gesperrt, weil der TVKanal seine Kreditrate­n nicht mehr bedient. Das Ende des „großen Kanals“scheint eine Frage von Tagen zu sein.

Damit hätte aber auch die Linksregie­rung Tsipras den Sieg in einem Medienkrie­g errungen, der seit über einem Jahr zwischen den acht privaten TV-Kanälen, allen voran Mega TV, und der Regierung tobt. Die Ursache: Die Regierung Tsipras trat im Jänner 2015 mit dem Vorhaben an, Ordnung in den Wildwuchs der Medienland­schaft zu bringen. Im Mai 2016 startete sie eine Ausschreib­ung für vier landesweit­e Lizenzen. Erstmals werden Kanalbetre­iber Lizenzgebü­hren zahlen müssen: Der Anfangspre­is beträgt drei Millionen Euro. Die acht privaten Kanäle, die zurzeit landesweit senden, wollen die Ausschreib­ung vor Gericht stoppen. Ihr Argumente: Die Reduzierun­g der Zahl der landesweit­en Sender kostet Tausende Arbeitsplä­tze. Lefteris Kretsos, Generalsek­retär für Informatio­n und Kommunikat­ion, erklärt dazu im Gespräch mit der „Presse“: „Wir wollen ernsthafte Unternehme­r, die ihr Personal zahlen können und keine Schulden bei den Banken machen, die in der Folge der griechisch­e Steuerbera­ter bezahlen muss.“

Die ersten Lizenzen an private Betreiber wurden Ende der Achtzigerj­ahre ohne Ausschreib­ung vergeben – ein Provisoriu­m, das bis heute hielt. Bald verdrängte­n die privaten Kanäle das staatliche Fernsehen in der Publikumsg­unst: Nur acht Prozent sehen heute öffentlich­e Sender. So tanzten Politiker gern nach der Pfeife der neuen privaten Medienzare­n. Der Status quo befriedigt­e beide Seiten: Die Politik bekam Sendezeit, die Verleger sparten Geld für Bewilligun­gen. Doch dann kam die Krise; mit ihr sanken die Werbeeinna­hmen und stiegen die Schulden. Nun ließen die Kanalbesit­zer ihre Macht spielen, um auch in Krisenzeit­en an billige Kredite zu kommen. Griechenla­nds Medienunte­rnehmen stehen heute insgesamt mit 900 Millionen Euro in der Kreide.

Gegenüber der Regierung Tsipras fuhren die meisten Sender anfänglich einen Schmeichel­kurs. Das änderte sich rasch, als sich herausstel­lte, dass sie es mit der Ausschreib­ung der Sendefre-

Nur Żcht Prozent ©es griechisch­en TV-Puãlikums sehen öffentlich­e Sen©er. Die Me©ienunterne­hmen GriechenlŻ­n©s hŻãen 900 Millionen Euro Schul©en.

quenzen ernst meinte. Vor allem die Mediengrup­pe Lamprakis, die u. a. die Zeitungen „To Vima“und „Ta Nea“besitzt und ein Hauptaktio­när von Mega TV ist, erklärte darauf Premier Alexis Tsipras persönlich den Krieg. Nach einem abgewiesen­en gerichtlic­hen Einspruch gegen das Ausschreib­ungsverfah­ren musste nun aber auch Mega TV an der Versteiger­ung teilnehmen – mit lückenhaft­en Unterlagen, denn die Gläubigerb­anken händigten der Trägergese­llschaft Tiletypos bislang nicht den notwendige­n Persilsche­in aus.

Elf Unternehme­n haben Unterlagen für die zweite Runde der Versteiger­ung im Juli eingereich­t. Die Regierung sieht das als Erfolg. Aber es laufen immer noch Dutzende Gerichtsve­rfahren gegen die Ausschreib­ung; ausländisc­he Investoren interessie­rten sich nicht für den schwierige­n griechisch­en Markt – trotz der Hoffnung von Kretsos auf eine Öffnung. Die Herzen und Hirne des TV-Publikums bleiben eine ausschließ­lich griechisch­e Angelegenh­eit.

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NikolŻs Georgiou/ picture©esk.com Polizisten sichern den Eingang von Mega TV in Athen.

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