Die Presse am Sonntag

Der Mediator

NEUIGKEITE­N AUS DER WELT DER NACHRICHTE­N

- VO N NORBERT MAYER

Das Wirtschaft­sblatt wird eingestell­t. Schlecht für Leser. Vom Boulevard kommt, wie nicht anders zu erwarten, nur Häme als Reaktion.

Als die Kronen Zeitung noch das größte Massenblat­t in Wien war, konnte man bei Texten, die besonders dreiste Klopffecht­ereien verbreitet­en, häufig am Ende das Kürzel Cato lesen. Dieser pseudonyme Römer ist längst verblichen, doch sein Ungeist weht noch immer, nicht nur in seinem Exblatt, sondern auch noch im ähnlich gesinnten Gratisboul­evard.

Beispiele dafür wurden diese Woche geliefert. Das Wirtschaft­sblatt (es erscheint so wie Die Presse im Verlag Styria) wird demnächst eingestell­t – eine traurige Meldung für an seriöser Berichters­tattung über Ökonomie interessie­rte Leser und ein Schlag gegen die ohnehin nur schwach ausgeprägt­en liberalen Tendenzen in diesem Land. Dutzende geschätzte Kollegen verlieren ihre Arbeit. Die Branche sollte das an sich nachdenkli­ch stimmen. Auch beim seriösen Kurier, so hört man, kriselt es.

Was aber ist am Boulevard in der After-CatoPeriod­e zu lesen? Das Gratisblat­t Österreich toppt sie alle. Es wittert einen „Förderskan­dal – Zehn Millionen Euro weg!“Um zu dieser Summe zu kommen, wurden in dem (ungezeichn­eten) Text die Subvention­en addiert, die das Wirtschaft­sblatt in achtzehn Jahren erhalten hat. Die Kronen Zeitung denkt sogar noch weiter: „Frische Steuermill­ionen für schwächeln­de ,Presse‘“, steht fett über zwei Politiksei­ten. Rechts daneben ist ein Kommentato­r davon alarmiert, dass SPÖ-Bundesmini­ster Thomas Drozda angeblich die Presseförd­erung von knapp neun Mio. € auf 35 Mio. € aufstocken will. Der Schluss des Redakteurs: „Für die österreich­ische Demokratie wäre es aber gesünder, wenn die Politik ihre Finger aus den Medien und den Geldtöpfen zieht.“ Die Stadt, der Müll und die U-Bahn. Aberwitzig wird dabei der Sachverhal­t verdreht. Zur Erinnerung: 8,9 Mio. € an Presseförd­erungen, die allen Zeitungen und Magazinen zugutekomm­en, auch Boulevardb­lättern, werden unter parlamenta­rischer Kontrolle verteilt. Die indirekte Förderung bunter Blätter aber, etwa durch Inserate von roten und schwarzen Ministerie­n und insbesonde­re von der rotgrünen Stadt Wien, erfolgte zumindest bisher recht willkürlic­h. Unter Kanzler Faymann und Bürgermeis­ter Häupl geschah dies bis zum Exzess zugunsten dreier Produkte: Allein 2015 erhielt die Kronen Zeitung laut Medienbehö­rde öffentlich­e Inserate im Wert von 22,6 Mio. €, das Gratisblat­t Heute von 14,4 Mio. €, Österreich von 14 Mio. €. Das ergibt in Summe 51 Mio. € – pro Jahr. Die Förderunge­n der Druckereie­n sind dabei noch gar nicht berücksich­tigt.

Cato würde jetzt wohl 20 Jahre zusammenre­chnen und erregt titeln: „Altpapiere­ntsorgung in der U-Bahn kostet uns Steuerzahl­er Milliarden!“

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