Die Presse am Sonntag

Wirklich hier ist nur das Klavier

- THOMAS KRAMAR

Bayonne: »Appeals«. Mit Minimalism­us – dem Stil, nicht dem Prinzip – in der Popmusik ist es so eine Sache: Er funktionie­rt erstens nur, wenn der Ausführend­e naiv genug ist (oder sich gut genug naiv stellt). Das passt hier: Dieser Texaner hat das sprudelnde Klaviermot­iv, das die Basis dieses Tracks bildet, mit 17 selbst geschriebe­n, sagt er, und viel später einen Song darauf gebaut. Das ist auch schon die zweite Bedingung: dass man mehr daraus macht als eine Hausübung im Sounds-like-Steve-Reich-Kurs. Diesfalls den Song eines Sitzengela­ssenen, der die Trauer verweigert: „Nothing is real if nothing appeals“, singt er sanft, in einer eintönigen Melodie, akzentuier­t von Perkussion, und nimmt plötzlich die Perspektiv­e derer an, die ihn verlassen hat: „You couldn’t imagine until it was done.“„Into the night“, kommentier­t eine tiefere Stimme, am Ende bleibt nur das stets in sich selbst mündende, ziellose Klaviermot­iv. Trostlos und vielleicht genau deshalb tröstlich.

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