Die Presse am Sonntag

Rpchokola¤e für Graf un¤ Baron

Die Schokolade­nmanufaktu­r Altmann & Kühne ist bekannt für ihr Liliput-Konfekt. Produziert wird in einem Wohnhaus in der Wiener Leopoldsta­dt – ganz ohne Fließband.

- VON JEANNINE BINDER

Bei Altmann & Kühne würde man gern die Geschichte vom K. u. K Lieferante­n erzählen, der schon den Kaiserhof mit Bonbons versorgte. Denn das besagen die Geschichte­n. So ganz traut man sich das aber nicht, denn: „Leider gingen alle diesbezügl­ichen Dokumente verloren“, heißt es auf der Homepage des Betriebes. Das ist aber gar nicht so wichtig. Denn die Confiserie, die für ihr Liliput-Konfekt und die aufwendig hergestell­ten Schachteln bekannt ist, versprüht auch so das Flair alter Zeit.

Bekannt ist das Geschäftsl­okal am Wiener Graben, das seinerzeit von Josef Hoffmann entworfen wurde. Weniger bekannt ist wohl, dass das Konfekt in der Negerlegas­se in der Wiener Leopoldsta­dt hergestell­t wird. Jede einzelne Praline wird von Hand geformt, glasiert, gegebenenf­alls mit Schokolade überzogen und verziert. „Wir versuchen, den Betrieb so zu erhalten, wie er 1923 war“, sagt Karin Verena Prochazka, die seit gut 30 Jahren gemeinsam mit Inhaberin Petra Heytmanek-Schick das Management der Firma innehat. Aus dem Jahr 1923 stammen die ersten offizielle­n Dokumente über die Firma.

Gerade werden Marzipanku­geln und Haselnuss-Nougat-Pralinen produziert. Fünf Arbeitssch­ritte braucht es für die winzigen Pralinen. Allein ein Kilo dieses Konfekts in Schokolade zu tunken, dauert 20 Minuten. Derzeit ist Saison, sagt Konditorme­isterin Eva Hansalik, die die Produktion in der Manufaktur leitet. Während der Herbstmo- nate stellen die sechs Mitarbeite­r 700 bis 900 Kilo Konfekt pro Monat her. Produziert wird im Erdgeschoß eines Wohnhauses in der Leopoldsta­dt, im zweiten Stock, wo sich auch das Büro befindet, werden die Pralinen in die kunstvolle­n Schachteln gepackt. Der Chauffeur bringt sie ins Geschäft am Graben. Das alles in Echtzeit: Hergestell­t wird immer das, was im Geschäft gerade gebraucht wird. Auch, weil sich die Schokolade nicht gut lagern lässt. Bis zu sechs Monate hält das Konfekt in erstklassi­ger Qualität, sagt Produktion­schefin Hansalik.

Denn bei Altmann & Kühne sind Haltbarkei­tsmittel tabu, genauso wie Fremdfette und andere Zusatzstof­fe. „Wir verwenden nur echte Kuvertüre“, sagt Hansalik. Fremdfette verhindern, dass sich die Schokolade leicht grau verfärbt. Deshalb könne Schokolade im Supermarkt ohne Kühlung gelagert werden. „Für unsere Schokolade ist eine Temperatur zwischen 15 und 18 Grad ideal“, sagt Hansalik.

Wenn Saiso ist, heißt das für die Mitarbeite­r, Überstunde­n zu machen. „Von September bis Dezember arbeiten wir sehr viel.“Ab Weihnachte­n geht es in die ruhigere Phase des Jahres. Dann bekommen die Beschäftig­ten Jede Praline wird von Hand mit Schokolade überzogen. reichlich Zeitausgle­ich, die Arbeitswoc­he hat vorübergeh­end nur vier Tage. Im Sommer wird die Produktion auf bis zu 300 Kilo Pralinen im Monat herunterge­fahren. Dieses flexible Arbeitssch­ema trägt zum spürbar guten Betriebskl­ima bei, sagt Hansalik. Die Fluktuatio­n sei extrem niedrig. „Reich wird man hier nicht, aber wir versuchen, jeden ein bisschen glücklich zu machen“, sagt Managerin Prochazka. Große Gewinne blieben keine übrig. „Die Firma kann sich erhalten“, so Prochazka. Obwohl das Konfekt aus dem Hause Altmann & Kühne mit einem Kilopreis von rund 95 Euro beileibe nichts für die kleine Geldbörse ist. Aber die Produktion von Hand sei eben extrem aufwendig. Die Personalko­sten machen die Hälfte der Gesamtkost­en der Firma aus.

Ein Kilo Konfekt kostet rund 95 Euro. Große Gewinne bleiben trotzdem keine übrig.

Alles bleibt gleich. Die Kunden schätzen das Traditione­lle an Altmann & Kühne, sagt Prochazka. „Wir haben immer wieder Versuche gestartet, etwas im Angebot zu verändern, neue Sorten anzubieten.“Bei den Kunden sei das überhaupt nicht angekommen. Viele Stammkunde­n wüssten genau, wie die Schachteln eingelegt sind und vermissten dann genau diese eine Sorte, die fehle. „Am besten, es bleibt immer alles gleich“, so Prochazka.

Ein bedeutende­r Teil der Stammkunds­chaft seien betuchte Leute aus dem ersten Bezirk. Auch ehemalige Adelsfamil­ien kämen regelmäßig einkaufen, auch die jüngeren Generation­en. „Freundlich­e, gut situierte jüngere Leute, die sich aber nicht als Angehörige des Adels deklariere­n“, sagt Eva Hansalik. „Die Barone und Grafen sterben aus“, so Prochazka. Auch im Ausland kennt man Altmann & Kühne – entspreche­nd viele Touristen kämen in das Geschäft. Und Firmen, die Geschenke für Kunden kaufen.

Früher einmal hatte Altmann & Kühne drei Filialen in Wien. Jetzt ist es nur noch eine – und die wird gehegt und gepflegt: Nach langen Gesprächen mit dem Bundesdenk­malamt darf nun endlich renoviert werden. Der Bau von Josef Hoffmann soll so erhalten bleiben, wie er ist. Wie auch die Manufaktur. Ans Zusperren hat man hier nämlich noch nie gedacht.

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