Die Presse am Sonntag

Spitzenspi­el um die Ehre

Europas beste Golfer spielen im 41. Ryder Cup gegen die US-Rivalen um den vierten Sieg in Folge. Die Gastgeber hoffen auf die Trendwende und Superstar Tiger Woods als Trumpf.

- VON SENTA WINTNER

Alle zwei Jahre werden in der Golfwelt für drei Tage die Regeln außer Kraft gesetzt. Der Ryder Cup macht es möglich, dass 24 Millionäre einzig um die Ehre und eine 45 cm hohe und knapp zwei Kilo schwere Goldtrophä­e spielen – davon kann Olympia nur träumen. Zudem wird das Kontinenta­lduell zwischen den besten Golfern der USA und Europas ab Freitag (14.30 Uhr, live Sky) wieder Scharen an Fans in den Hazeltine National Golf Club in der Nähe von Minneapoli­s, Minnesota, locken, die dort die Konvention­en des GentlemanS­ports vergessen. Statt vornehmer Zurückhalt­ung herrscht dann Stadionatm­osphäre entlang der 18 Löcher. Jeder Schlag wird von tosendem Beifall und Gesängen begleitet, sogar Buhrufe gehören plötzlich zum Repertoire.

Europa schlägt als Titelverte­idiger ab, acht der vergangene­n zehn Duelle wurden gewonnen. Besonders schmerzvol­l ist den USA die jüngste Niederlage auf heimischem Boden 2012 in Erinnerung, als die Europäer das „Wunder von Medinah“schafften und einen 4:10-Rückstand noch zu einem Sieg drehen konnten. Den entscheide­nden Putt verwandelt­e damals Martin Kaymer, der Deutsche ist auch heuer dank Wildcard dabei. Kollege Lee Westwood ist vom psychologi­schen Vorteil überzeugt: „Medinah wird in ihren Hinterköpf­en sein.“ Erfahrung und Teamgeist. Trotz der mäßigen Bilanz der vergangene­n Jahre sehen Experten und Buchmacher diesmal jedoch die USA als leichten Favoriten. Hauptgrund dafür ist die Unerfahren­heit der europäisch­en Mannschaft, gleich sechs Neulinge stehen im Kader von Darren Clarke. Das belegt auch die Statistik: Noch nie seit der Einführung eines gesamteuro­päischen Teams 1979 hat eine Mannschaft mit mehr als fünf Debütanten auswärts gewonnen. Aufseiten der USA sind es hingegen maximal zwei, neben Brooks Koepka dürfte Kapitän Davis Love III heute bei der Vergabe des letzten Tickets unter Berücksich­tigung des FedEx-Finales Justin Thomas den Vorzug gegenüber Bubba Watson geben.

„Der Ryder Cup ist etwas ganz Besonderes, weil du für deine Kollegen, für Europa spielst. Natürlich erhöht das den Druck“, sagte Kapitän Clarke, rechtferti­gte aber seine Kaderzusam­menstellun­g. „Es geht um die richtige Mischung. Das Team steht über allem.“Tatsächlic­h ist, ein harmonisch­es Gefüge insbesonde­re im Hinblick auf die Paarbewerb­e (Fourball und Foursome), zu finden, die vielleicht größte Herausford­erung des Ryder Cup. Dass drei Tag lang aus millionens­chweren Einzelkämp­fern ein verschwore­nes Team wird, bei dem kein Schlag ohne Jubel, Abklatsche­n oder aufmuntern­des Schulterkl­opfen bleibt, macht schließlic­h den besonderen Reiz des seit 1927 ausgetrage­nen Bewerbs aus.

Bei den USA hat sich Love auf der Suche nach der optimalen Mischung und Taktik prominente Unterstütz­ung geholt. Tiger Woods fungiert als ein Assistent und soll nicht nur mit Ratschläge­n zur Seite stehen, sondern auch etwas vom medialen Rummel und der aufgeheizt­en Stimmung von der Mannschaft abfangen. „Selbst wenn er nur im Cart sitzt, er wird viele Augen auf sich ziehen“, sagte der US-Kapitän. Die Erfahrung des 16-fachen Major-Siegers soll seinen Landsmänne­rn helfen. „Er kennt jede einzelne Situation, die man sich im Golf vorstellen kann. Wie viel auch immer er den anderen verraten will, sie werden an seinen Lippen hängen“, erklärte der 52-Jährige. Phil Mickelson, der mit seiner elften Einberufun­g zu Rekordhalt­er Nick Faldo aufschloss, zeigte sich von den ersten Besprechun­gen mit Woods angetan: „Er hat einen wirklich guten, soliden Plan, der sehr verständli­ch und überzeugen­d

Siegen

steht es für die USA gegen europäisch­e Teams (bis 1971 nur Großbritan­nien, bis 1977 inklusive Irland) vor der 41. Auflage. 1969 und 1989 brachten Remis, der Cup blieb damit beim Titelverte­idiger.

Duelle

(485 Einzel, 265 Foursomes und 205 Fourballs) wurden ausgetrage­n, die USA haben 514,5, Europa hat 413,5 Punkte gemacht.

Team USA:

Dustin Johnson, Jordan Spieth, Phil Mickelson, Patrick Reed, Jimmy Walker, Brooks Koepka, Brandt Snedeker, Zach Johnson, J.B. Holmes, Rickie Fowler, Matt Kuchar.

Team Europa:

Rory McIlroy (NIR), Danny Willett (ENG), Henrik Stenson (SWE), Chris Wood (ENG), Sergio Garcia (ESP), Rafael Cabrera-Bello (ESP), Justin Rose (ENG), Andy Sullivan (ENG), Matthew Fitzpatric­k (ENG), Lee Westwood (ENG), Martin Kaymer (GER), Thomas Pieters (BEL). ist. Ich bin sehr beeindruck­t.“Allerdings ist der Ryder Cup in Woods’ langer Erfolgslis­te ein untergeord­neter Punkt: Bei sechs Teilnahmen feierte er nur einen einzigen Sieg, von seinen 33 Matches hat er 17 verloren (drei Remis). Ob der 40-Jährige noch einmal die Chance erhält, seine Bilanz aufzupolie­ren, ist mehr als fraglich. Nach einer neuerliche­n Rücken-OP im vergangene­n Herbst arbeitet Woods am Comeback, das für Oktober geplant ist. Als großer Teamplayer oder einfacher Partner galt der Superstar aber ohnehin nie, deshalb stellte etwa Westwood die beflügelnd­e Wirkung seiner Tätigkeit für das USTeam infrage. „Es könnte den genau gegenteili­gen Effekt haben. In der Vergangenh­eit wurde oft zu viel versucht, wenn Tiger dabei war“, meinte der Engländer. Endgültige­n Aufschluss darüber wird es ab Freitag auf dem Platz geben.

Seit 1979 gewann auswärts kein Team mit mehr als fünf Debütanten. Europa hat sechs.

Österreich­s Juniorbeit­rag. Während Bernd Wiesberger weiter auf seine erste Einberufun­g warten muss, ist Österreich beim Junior Ryder Cup durch Emma Spitz vertreten. Die junge Wienerin, die 2015 mit 14 Jahren die italienisc­hen Meistersch­aften und Anfang dieses Jahres den European Nations

Bei den USA ist Tiger Woods Assistent. »Sie werden an seinen Lippen hängen.«

Cup in Spanien gewann, erhielt eine Wildcard und tritt in die Fußstapfen von Matthias Schwab, der 2012 aufzeigte. Sie spielt mit weiteren fünf Mädchen und sechs Burschen Montag und Dienstag im knapp 30 km entfernten Interlache­n Country Club gegen die US-Altersgeno­ssen um Europas ersten Erfolg nach vier Niederlage­n. Als weiteres Highlight wartet danach ein Auftritt bei den Großen. „Es ist vielleicht der prestigetr­ächtigste Teambewerb im Amateurgol­f. Ich hoffe, dass ich gut spielen und Punkte für meine Mannschaft holen werde“, sagte Spitz.

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