Der Zirkusdirektor muss in die Arena
Egal, ob der kommende Montag nun, wie manche erwarten, zu Michael Häupls 1. Mai wird oder nicht: Die Zeit der »Schau ma mal«-Strategie ist vorbei.
Last Minute hat Michael Häupl doch noch ein Angebot gelegt. Vor dem Parteivorstand morgen, Montag, versprach er via „Profil“Folgendes: Erstens einen Personalumbau in der Stadtregierung Anfang nächsten Jahres – Sozialstadträtin Sonja Wehsely darf sich da wohl angesprochen fühlen. Und zweitens stellte er eine Trennung von Bürgermeisteramt und Parteiobmann zur Debatte. Was quasi ein Abschied auf Raten wäre. Die finale Übergabe, so Häupl, werde dann „wohlüberlegt passieren – und trotzdem spontan wirken. Es wird wie üblich alles ausschauen wie im Zirkus. Ohne Blut und ohne Tränen.“
So weit die Regieanweisung des Zirkusdirektors. Ob sich alle daran halten, ist eine andere Sache. Schon beim Faymann/KernWechsel an der Bundesspitze, den Häupl orchestrieren sollte, hat das nicht mehr geklappt. Denn auch Häupls Gegner stehen unter Druck: Erst angreifen und dann „wieder ein bissl brav sein“, das wäre peinlich. Insofern hält sich das Gerücht, dass der Montag zu Häupls 1. Mai werden könnte und dass sich genug Bezirke fänden, um eine Vorverlegung des Landesparteitags zu beantragen, bei dem über den Parteichef abgestimmt wird. Damit aus der Zirkusarena eine echte wird, müssten sich jedoch noch einige in die Manege wagen. Denn bis jetzt bestehen die Kritiker vor allem aus dem WernerFaymann-Gedenkverein (also viele Wichtige a. D.) und einem verbal angriffigen Flächenbezirkschef. Michael Ludwig, der Flächenbezirks-Papa in der Regierung und einer, der der Partei wegen ihres Umgangs mit Faymann grollt, ist bis jetzt sehr still.
Trotzdem darf man nicht übersehen, dass der Wunsch nach Veränderung breit ist. Er besteht nicht nur bei den Lauten oder den „Rechten“. Wobei das mit dem „rechten“und „linken“roten Flügel natürlich so platt nicht stimmt. Denn weder wollen die „Rechten“in der SPÖ übermorgen mit der FPÖ koalieren, noch sind die „Linken“naive Weltverbesserer. Vielmehr haben beide Seiten rationale Argumente für ihre künftige Version der Wiener Partei. Denn Anti-FPÖ als Identität hat ausgedient – nicht zuletzt, weil man im Bund ja offiziell beschlossen hat, Rot nicht mehr als das Gegenteil von Blau definieren zu wollen. Was oder wer aber ist man dann?
Die „Linken“wollen das liberale Großstadtpotenzial jedenfalls nicht den Grünen überlassen. Dass dieses existiert, lesen sie unter anderem am VdB-Wahlkampf, dem Engagement der Bürger für Flüchtlinge im Vorjahr, aber auch an der wachsenden Zahl der wahlberechtigten Migranten ab. Man müsse Integration nur besser erklären, lautet ihr Credo. Dahinter steht ein pädagogischer Anspruch – oder, wenn man will, ein Grundvertrauen – an die eigenen Wähler. Die „Rechten“meinen dagegen, man müsse akzeptieren, dass die Wähler eben nicht so sind, wie die Partei sie gern hätte. In Zeiten von Verteilungskampf dürfe man die Leute nicht überfordern. Auch nicht moralisch. Als Gegner im Match um Wähler sieht man nicht die Grünen, sondern die FPÖ. Radikale Lösung: Urabstimmung. Gemeinsam ist beiden Gruppen aber, dass sie erwarten, dass sich Häupl für sie entscheidet. Und beide finden, dass er sich mit seiner „Schau ma mal“-Strategie schon zu lang davor drückt. Sollte Häupls Idee, Parteichef und Bürgermeister zu trennen, künftig darauf hinauslaufen, die Funktionen auf rechts und links zu verteilen, wäre das übrigens keine Lösung, nur eine Fortschreibung des Konflikts. Als Alternative hat Häupl noch einen Vermittler im Talon: den Doch-nicht-Bundeskanzler Gerhard Zeiler, der mit allen ganz gut kann. Sollte er den nicht durchbringen, gäbe es nur noch eine radikale Lösung: eine Urabstimmung über den Parteichef (so wie die SPÖ sie im Bund andenkt). Das birgt zwar Risken – denn wer Herzen erobert, kann nicht unbedingt einen Parteiapparat bedienen –, würde aber für breiten Konsens sorgen. Von Häupl weiß man, dass er von dieser Lösung nichts hält. Es könnte aber passieren, dass sie zu seiner Abschlussnummer im Rathaus-Zirkus wird.