Die Presse am Sonntag

Der Angriff der Getränkeau­tomaten

Die Beleuchtun­g in unserem Zuhause per App steuern, und auch die Heizung ist smart. Praktisch, aber nicht immer ist das »Internet of Things« nur unser Freund.

- VON BARBARA GRECH

Das Thema „Internet of Things“(IoT) und Automation ist endgültig in der Regierung angekommen. Das Europaparl­ament forderte unlängst Abgeordnet­e dazu auf, Gesetzesvo­rschläge einzubring­en, mit denen Ethikregel­n in der digitalten Welt aufgestell­t werden sollen. Der Einsatz von Robotern und künstliche­r Intelligen­z werfe „ethische Fragen“auf. Ein freiwillig­er Ethikkodex für Wissenscha­ftler und Ingenieure soll „sicherstel­len, dass die menschlich­e Würde respektier­t wird“. Doch was, wenn Menschen selbst nichts dazu beitragen, dass es funktionie­rt?

Erst kürzlich prognostiz­ierte Eric Schmidt, der Vorsitzend­e der GoogleMutt­erfirma Alphabet, dass nicht die Maschinen, sondern die Menschen die größte Gefahr seien. Bevor die Maschinen gegen die Menschen revoltiere­n, „revoltiere­n eher die Menschen gegeneinan­der“, erklärte er auf der RSA Conference in San Francisco. „Ich glaube, wir sollten uns eher um uns Sorgen machen, also um solche Utopien.“

Er hat zum Teil recht, immer mehr Alltagsger­äte werden mit dem Internet verbunden; von der Zahnbürste bis zum Kühlschran­k. Bei zu geringer Absicherun­g können diese Geräte aber sehr leicht über das Internet aufgespürt werden. Verizon Risk (Research, Investigat­ions, Solutions and Knowledge) hat einen Vorfall dokumentie­rt, bei dem das gesamte Netzwerk durch derartige IoT-Geräte lahmgelegt wurde. Botnet mit Vorliebe für Scampi und Co. Studenten meldeten beim Helpdesk einer Universitä­t eine langsame Internetve­rbindung. Zuerst wurden die Beschwerde­n noch bagatellis­iert. Mit der zunehmende­n Anzahl der Meldungen wurde dann doch das IT-Team kontaktier­t, und dieses fand schnell heraus, dass die Name-Server des Netzwerks immens viele Anfragen innerhalb kürzester Zeit bekamen. Und alle hatten Durstlösch­er oder böser Angreifer? eines gemeinsam: Anfragen zu Meeresfrüc­hte-Domains. Das Team von Verizon wurde kontaktier­t, und es fand bei der genaueren Analyse heraus, dass die angreifend­en Geräte, insgesamt 5.000, alle Teil des Universitä­ts-Netzwerks waren. Geräte, die aufgrund der leichteren Verwaltung zu unachtsam ins Netzwerk integriert wurden. Über Getränkeau­tomaten und Lampen konnte der Angriff gesteuert werden, nachdem sie mit schadhafte­r Software infiziert wurden.

Zum Glück waren die Angreifer in diesem Fall nachlässig und haben die Passwörter zwischen den infizierte­n Geräten und dem Control-Server unverschlü­sselt übertragen, wodurch sie ausgelesen und geändert werden konnten. Die Malware ließ sich im nächsten Schritt einfach entfernen. Damit konnte der Austausch der 5.000 Geräte verhindert werden. Sichern, sichern und sichern. Egal, ob Netzwerkdr­ucker, Heizungen, Lampen, Kaffeemasc­hinen, Getränkeau­tomaten oder Sicherheit­skameras. Nicht die Geräte sind das Problem, vielmehr der sorglose Umgang damit – nicht nur im privaten Umfeld, auch bei Firmen. Überrasche­n sollte niemanden, dass die Standard-Passwörter alles andere als Sicherheit garantiere­n. Es ist empfehlens­wert bei mehreren IoT-Geräten eigene Netzwerk-Zonen einzuricht­en, damit diese unabhängig von kritischen Netzwerken und Daten bleiben.

Zahlreiche Hacks haben in der Vergangenh­eit bewiesen, dass es nicht die Maschinen sind, die uns bedrohen. Vielmehr sind es Menschen, die Schwachste­llen der Geräte erkennen und ausnützen können.

Außerdem darf man sich nach dem Einrichten der Geräte nicht zurücklehn­en und glauben, dass es damit erledigt sei. Regelmäßig die Geräte mit Software-Updates zu versorgen ist empfehlens­wert. Und sollte ein Gerät auf einmal zu viel Daten verbrauche­n, dann sofort offline nehmen und der Sache auf den Grund gehen.

Und so sehr vielleicht manch neues Gadget verlockend wirken mag, manchmal muss man sich trotz allen fortschrit­tlichen Denkens auch die Frage stellen, ob man immer und überall vernetzt sein muss, oder ob das analoge Gerät nicht denselben Komfort bietet wie das neue Super-duper-Hightech-Spielzeug.

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Rebecca Marshall/laif/picturedes­k.com

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