Die Presse am Sonntag

Doppelstaa­tsbürger? Wählerlist­e aufgetauch­t

Eine Liste mit wŻhlberech­tigten Türken in Österreich wurde publik. Sie könnte Aufschluss über Besitzer illegaler Zweitpässe liefern.

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Wien. Nach dem Referendum in der Türkei ist in Österreich eine Debatte rund um Doppelstaa­tsbürgersc­haften entbrannt. Obwohl es illegal ist, sollen viele türkeistäm­mige Österreich­er zwei Pässe besitzen. Wie viele Fälle es tatsächlic­h gibt, ist aber nicht bekannt: Die türkischen Behörden geben darüber keine Auskunft.

Nun sind allerdings auf mehreren Wegen Listen mit angeblich türkischen Wahlberech­tigten in Österreich aufgetauch­t, mit denen mutmaßlich illegale Doppelstaa­tsbürgersc­haften aufgedeckt werden könnten: Eine erste Informatio­n wurde am Freitag in Oberösterr­eich bekannt, am Samstag spielte ein Mann der Austria Presse Agentur einen entspreche­nden (von Fingerabdr­ücken befreiten) Datenträge­r zu. Im „Kurier“behauptete der grüne Abgeordnet­e Peter Pilz, im Besitz des gesamten austrotürk­ischen Wählerverz­eichnisses mit 107.877 Namen zu sein. Er will die Daten zum Abgleich mit dem Melderegis­ter nun zur Verfügung stellen.

Die zugespielt­en Listen könnten nun, falls sie korrekt sind, etwas Klarheit in die Frage der nicht rechtmäßi- gen Staatsbürg­erschaften bringen: Wer darauf angeführt ist, durfte wählen und besitzt daher die türkische Staatsbürg­erschaft, heißt es in dem Bericht. Viele der Wahlberech­tigten dürften aber gleichzeit­ig Österreich­er sein. Druck Żus ©er Türkei. Legal sind zwei Pässe (im Normalfall) nur bei Kindern, deren Eltern bei der Geburt unterschie­dliche Staatsbürg­erschaften hatten. Viele türkeistäm­mige Österreich­er dürften aber nach der Einbürgeru­ng wieder die türkische dazugenomm­en haben. Das passiere oft auf Druck der Türkei, erzählten Betroffene dem ORF-Radio. Auch Menschen, die glaubten, die türkische Staatsbürg­erschaft zurückgege­ben zu haben, würden auf der Liste aufscheine­n.

Das Innenminis­terium verweist in der Causa auf die Bundesländ­er, die für die Vollziehun­g des Staatsbürg­erschaftsr­echts zuständig sind. Bei einem Verdachtsf­all seien sie verpflicht­et, tätig zu werden. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka hat zuletzt gefordert, Geldstrafe­n für Besitzer illegaler Doppelstaa­tsbürgersc­haften einzuführe­n.

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