Die Presse am Sonntag

Wie Dannys Gold aus der Mongolei im Wiener

Eine Gol©mine ist kein UrlŻuãsres­sort. Schon gŻr nicht in ©er mongolisch­en Steppe. Hier ãŻut DŻnny WŻlker Żus NeuseelŻn© seit zwei JŻhrzehnte­n Gol© Żã. DŻnn pflŻnzt er GrŻs für ©ie Tiere ©er Hirten Żn – un© gr´ãt ein neues Loch. DŻnnys Gol© fliegt nŻch Eu

- VON NIKOLAUS JILCH

Früher war’s besser hier“, sagt Danny. Er blinzelt. Die Sonne ist heftig am anderen Ende der Welt. „Die Mongolei war früher ein besserer Ort. Weniger Korruption. Sogar die Hauptstadt war netter. Jetzt gibt es ein paar Reiche und viele Arme. Mehr Verkehr und Korruption.“Danny Walker ist heute 54 Jahre alt. Graue Haare, grüner Overall. Die Warnweste war einmal gelb unter dem Dreck.

Als siebenjähr­iger Bub hat er dem Vater in Neuseeland zum ersten Mal beim Schürfen geholfen. Gold ist Dannys Leben. Er kennt nichts anderes. Mit 34 kommt er in die Mongolei. Es war ein Tipp unter Landsleute­n. „Da musst du hin. Da gibt’s noch was zu holen.“Danny fängt zu graben an. Das ist nun fast 20 Jahre her.

Danny ist der Chef hier. Der Operations Manager der Uuls-Zaamar-Mine. Seine Firma besitzt die Schürfrech­te. Uuls heißt Berg auf Mongolisch. Das ganz leicht erreichbar­e Gold haben die Russen schon längst abgegraben – dabei haben sie nichts als Zerstörung hinterlass­en. „Und wir müssen ihren Mist wegräumen“, sagt Danny. Die Russen haben alles liegen und stehen gelassen, als es mit der Sowjetunio­n vorbei war. Seitdem ist die Mongolei unabhängig. Und Danny räumt auf. „50.000 Dollar investiere­n wir pro Jahr in Samen aus China“, erzählt er.

Der erfahrene Bergarbeit­er redet viel über Samen, über Gras, über Bewässerun­g und Dünger. Dann klingt er wie ein Hobbygärtn­er. Wer Goldmine hört, denkt an tiefe, dunkle Schächte. Aber in der Mongolei wird einfach nur der Boden abgetragen. Und wenn die Arbeit erledigt ist, wird er wiederherg­estellt. Der ganze Prozess dazwischen ist Lowtech und simpel. Goldwasche­n auf industriel­lem Niveau. Keine Chemikalie­n. Keine Kinderarbe­it. Die Löcher werden zugeschütt­et, Samen, Dünger, Wasser. Ein paar Jahre später können die Tiere der mongolisch­en Hirten hier wieder grasen. Perfekte Mine. Es ist diese Mine, die Gerhard Starsich sehen wollte. Der Generaldir­ektor der Münze Österreich lässt jedes Jahr mehr als 20 Tonnen Gold verarbeite­n. In Spitzenjah­ren waren es schon 70. Der Wiener Philharmon­iker hat sich in den 28 Jahren seines Bestehens zu einer der wichtigste­n Anlagemünz­en der Welt entwickelt – und in jeder Unze steckt ein bisschen Gold aus der Mongolei. Die Münze, eine Tochter der Nationalba­nk, will genau wissen, woher dieses Gold kommt. „Wir wollen Minen, die ethisch und ökologisch gut arbeiten. Diese hier ist aus meiner Sicht perfekt. Alles wird renaturier­t. Es werden auch keine Chemikalie­n verwendet“, sagt Starsich. Die Leute von der Schweizer Raffinerie Argor Hereaus, wo das Gold für die Münze und andere Abnehmer aufbereite­t wird, überprüfen sukzessive alle Minen im Land.

Freilich: Auch ohne Chemikalie­n ist so eine Mine kein Urlaubsres­sort. Dannys Crew besteht aus rund 175 Einheimisc­hen und 25 Neuseeländ­ern. „In Asien ist es normal, dass Leute aus Neuseeland in den Minen arbeiten. Wir können das. Wir bringen das Know-how“, sagt Danny. Drei Jahreszeit­en lang wird durchgearb­eitet. Frühling, Sommer, Herbst. Die Arbeiter sind einen Monat am Stück hier am Ende der Welt. Dann gibt es eine Woche Freizeit. Nur im Winter steht die Mine komplett. Bei minus 20 Grad und weni- ger können nicht einmal erfahrene Neuseeländ­er noch nach Gold suchen. Dann sind hier, wo Danny und seine Crew sonst in Containern wohnen, essen und schlafen, nur noch die Hirten in den Jurten, den traditione­llen runden Zelten der Nomaden. Und die Tiere. Pferde, Schafe, Ziegen. Am Ende der Welt gibt es verdammt viele Tiere. Wie eine Rallye. Die Mongolei ist der am dünnsten besiedelte Staat der Erde. Zwei Menschen leben im Schnitt auf einem Quadratkil­ometer. In Österreich sind es rund 100. Von der Mine in die Hauptstadt sind es nur knapp 250 Kilometer. Die Fahrt vorbei an langsamen Trucks, gestoppt von Tierherden und behindert von einem Sandsturm dauert trotzdem fünf Stunden.

Erst recht, da die letzten 50 Kilometer querfeldei­n zu fahren sind. Der Fahrer jagt den alten Hyundai-Bus durchs Gelände, als hätte er eine Rallye zu gewinnen. Auf dem Weg liegt keine Stadt, kein Dorf. Nur ein paar Jurten. Und viele Tiere. Die Landschaft ist karg. Bäume gibt es noch weniger als Menschen. Das Gras ist kurz und dürr. Aber es gibt ein bisschen Wasser. Wüste ist das keine hier. Eher der perfekte Drehort für einen „Star Wars“-Film: karg und doch wunderschö­n. Auch die Hauptstadt, Ulan-Bator, hat sich herausgepu­tzt. Es gibt Hochhäuser mit Glasfasade­n. Auf dem Hauptplatz sperrt bald ein Louis-Vuitton-Shop auf, gleich neben der pinkfarben bestrichen­en Oper. Danny hat kein Bedürfnis nach einer LV-Tasche. Er spricht von der Gier. Vom Verkehr und Korruption. Von den Problemen, die ihm die Behörden jetzt machen. Von der Willkür, die er erfahren muss.

Danny ist kein junger Mann mehr. Damals war er motiviert. Ein Freund in Indonesien hat ihm von der Mongolei erzählt. Von dem Riesenland, das auf der Landkarte trotzdem neben seinen einzigen Nachbarn eingequets­cht wirkt: Russland und China. Die Russen kann man hier nirgends leiden, denn die Mongolei war ein sowjetisch­er Satelliten­staat – bis zum Zusammenbr­uch des Kommunismu­s.

Das ist die Zeit, die Danny heute verklärt. Die Zeit der Pioniere. „Als ich angekommen bin, war das wie der Westen in den 1950er-Jahren. Klar, es

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geht an †ie Mongolisch­e Zentral\ank. wir† in Sie\anlagen ausgeschwe­mmt. wir† ausgegra\en. war schwer nach dem Kommunismu­s. Aber Ausländer waren willkommen. Heute wollen sie dich nicht mehr. Heute wollen sie nur noch dein Geld.“Die beiden größten Banken Chinas wollen bald Büros in der Hauptstadt aufsperren. Danny ist das inzwischen egal. Er blinzelt wieder. Nach 20 Jahren in der mongolisch­en Steppe ist die Haut gegerbt. Die Falten sind tief. Sonnenbril­le? Nicht sein Stil. Danny lächelt. Dann beginnt die Tour.

Frühling. Sommer. Herãst. Nur im Winter steht ©ie Mine. Bei minus 20 GrŻ©. »Als ich Żngekommen ãin, wŻren Ausl´n©er willkommen. Heute wollen sie ©ein Gel©.«

Lkw aus China. Das Gelände seiner Mine ist viele Hektar groß. 40 Fußballfel­der. Vielleicht sogar 60. Hier draußen verschwimm­t der Sinn für Distanzen. Zäune gibt es keine. Der Goldabbau findet oberirdisc­h statt. Das ganze Gelände sieht aus, als hätte man die Baustelle für den Wiener Hauptbahnh­of in die mongolisch­e Steppe verlagert. Nur Kräne gibt es keine. Und die Lkw sind aus China. Mehr als hundert fahren hier im Kreis. Aus einem riesigen Loch kommt die Erde. „Wir machen eigentlich nicht viel mehr, als die leichte Erde mit Wasser vom Gold zu trennen“, sagt Danny.

Ein kleiner Fluss verläuft neben der Mine. „Ihn rühren wir nicht an. Es gibt zwar mehr Gold als Wasser in der

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