Generalprobe Generalsekretärin
Seit zwei Monaten leitet Elisabeth Köstinger die ÖVP-Zentrale. Die Rolle ist auf den ersten Blick nicht auf die 38-jährige Kärntnerin zugeschnitten. Dass sie Sebastian Kurz zur Parteimanagerin ernannt hat, verwundert trotzdem nicht. Ein Porträt.
Könnte sein, dass Geduld nicht unbedingt eine ihrer Stärken ist. Oder, um es anders zu formulieren: Elisabeth Köstinger verliert nur ungern Zeit. Besprechungen werden im Büro der ÖVP-Generalsekretärin daher grundsätzlich nicht im Sitzen absolviert. „Das ist nicht effizient“, findet sie. Also versammelt sich das Team meist rund um ihren StehSchreibtisch.
Wer noch so einen Schreibtisch besitzt? Sebastian Kurz, ÖVP-Chef und damit jene Person, die Köstinger zur Parteimanagerin ernannt hat: Seit nun zwei Monaten ist die 38-jährige Kärntnerin und EU-Mandatarin in der Lichtenfelsgasse stationiert.
Als Kurz die Partei übernahm, war klar, dass auch die Zentrale einen neuen Chef bzw. eine neue Chefin erhalten wird. Köstinger ist vielleicht nicht die erste Person, an die man bei dieser Jobbesetzung denkt. Zumindest beim Anforderungsprofil aus der Vergangenheit: Generalsekretäre, übrigens meistens Männer, waren eher der Typ Kettenhund – ein eher aggressives Schutzschild für die eigene Partei. „Das bin ich nicht“, sagt Köstinger von sich selbst. Generalsekretärin zu sein „war nie mein wirklicher Wunsch.“Sie habe ein bestimmtes Bild von der Funktion gehabt, „das kann ich nicht erfüllen“. Möglicherweise sollen diese Rolle im Wahlkampf andere übernehmen.
Das wird auch ein Grund für ihren neuen Job sein. Kurz überlässt schließlich nichts dem Zufall, und vor allem nicht seine Parteizentrale: Seine Personalentscheidung soll zum Imagewandel der ÖVP (die in den eigenen Kreisen konsequent nur noch Volkspartei genannt wird) beitragen. Die Partei versucht für einen neuen Stil, neue Köpfe und eine neue Politik zu stehen. Auch mit Köstinger. Enge Vertraute. Wobei man hier betonen muss: Ganz so neu ist das alles nicht. Denn sowohl Köstinger als auch Kurz sind tief in der Partei verankert. Die beiden lernten sich kennen, als Kurz noch Chef der Wiener JVP war und Köstinger die Bauernjugend leitete. „Unsere Wege haben sich dann immer wieder gekreuzt“, sagt sie. Als Kurz im Jahr 2015 die Politische Akademie der ÖVP übernahm, ernannte er Köstinger zu seiner Stellvertreterin.
„Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden“, sagt Köstinger. Und zwar trotz der Tatsache, dass beide bis zu einem gewissen Grad aus unterschiedlichen Welten kommen. „Er ist sehr urban geprägt, ich eher ländlich“, sagt sie. Während Kurz in Meidling aufgewachsen ist und über die Parteijugend Karriere gemacht hat, war Köstinger immer im Landwirtschaftsbereich tätig.
Das hängt mit ihrer Herkunft, aber auch mit ihrem Karriereweg zusammen: Köstinger wuchs im Granitztal in Kärnten auf, „meine Eltern haben einen Bio-Bauernhof – die Fläche ist wirklich sehr klein, circa die Hälfte des österreichischen Durchschnitts“. Dort habe sie vor allem Eigenverantwortung gelernt. Auch, weil sie die älteste Tochter war. Ihr Bruder ist verstorben, Köstinger hat noch eine jüngere Schwester.
„Arbeiten war für mich immer etwas von Grund auf Positives“, sagt sie und hier klingt die ÖVP-Politikerin durch: „Man hat gar nicht gemerkt, ob Wochenende war oder nicht: Wenn es etwas zu tun gab, gab es etwas zu tun.“
Das habe sie sehr geprägt, außerdem sei sie sehr streng erzogen wor- den. Man habe immer wissen müssen, was sich gehört.
Politisch prägte sie das Elternhaus nur indirekt: Ihr Vater habe zwar einmal für die ÖVP als Bürgermeister kandidiert, er sei es dann aber nicht geworden. Zur Partei kam sie eher zufällig, als sie sich auch mangels Alternative bei der Landjugend engagierte. „Da ging es relativ schnell: Nach zwei Wochen habe ich den Laden schon übernommen.“2007 wurde Köstinger auch Chefin der Bauernbund-Jugend. 2009 nach Brüssel. Hier sei ihr Interesse für Agrarpolitik geweckt worden. Und gleichzeitig jenes für Europa: 2009 schickte sie der Bauernbund als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl ins Rennen. Bis heute sitzt Köstinger im Europäischen Parlament.
In der ÖVP, im Parlament, und vor allem im Agrarbereich habe man es als junge Frau allerdings nicht immer leicht gehabt: „Gerade am Anfang war ich bei vielen Sitzungen mit älteren
Seit Mai 2017
ist Elisabeth Köstinger Generalsekretärin der ÖVP. Sie löste Werner Amon in dieser Funktion ab.
Seit 2009
sitzt die 38-jährige Kärntnerin im Europäischen Parlament. Ihr Mandat behält sie auch während des Wahlkampfs. Köstinger, selbst auf einem Bio-Bauernhof aufgewachsen, hat sich früh auf den Bereich Agrarpolitik spezialisiert. Von 2007 bis 2012 war sie Chefin der Bauernbund-Jugend. Seit 2009 ist sie Vizepräsidentin des Österreichischen Bauernbundes. Männern dabei und habe wenig verstanden“, sagt sie. „Das hat meinen Ehrgeiz geweckt zu zeigen, dass man eine junge Frau sehr wohl ins Europaparlament schicken kann.“ Nächste Landwirtschaftsministerin? Dass Köstinger sehr ehrgeizig ist, hört man auch von Beobachtern. Sie wisse was sie wolle, arbeite hart dafür. Allerdings sei sie parteiübergreifend nicht mit jedem so gesellig, wie man annehmen könnte. Im Agrarbereich sei sie sehr gut eingearbeitet, bei anderen Themen allerdings weniger, ist zu hören.
Mehr als einmal wurde sie schon als nächste Landwirtschaftsministerin ins Spiel gebracht. Sollte ihr Plan aufge-
Köstinger ging mangels Alternativen zur Landjugend. Und wurde Chefin. Auch gesellschaftspolitisch ist sie ganz auf einer Linie mit dem ÖVP-Chef.
hen – also eine Regierung mit schwarzer Beteiligung – wird das wohl ihre nächste Station sein. Auch wenn es Köstinger nicht so sagen würde: Aber eine eindeutige Präferenz für SchwarzBlau hat sie mit Sicherheit nicht. Dafür hat sie in der Vergangenheit zu oft vor Populismus und Angstmache der Freiheitlichen gewarnt. Wen sie bei der vergangenen Bundespräsidentschaftswahl gewählt hat, lässt sich ebenfalls leicht erahnen. Trotzdem sagt sie: „Die Demokratie ist stark genug, jemanden auszuhalten, der auf die ein oder andere Weise polarisiert.“Und: „Wenn man Österreich nicht zutraut, dass man diese Zeit übertaucht und dann wieder ändert, ist uns nicht zu helfen.“
Eine Meinung, die jener von Kurz abweicht, wird man von ihr ohnehin nicht so schnell hören. Auch gesellschaftspolitisch sind sie auf einer Linie – zum Beispiel bei dem Thema Öffnung der Ehe: „Ich war selbst schon bei einer Verpartnerung dabei. Das Wichtige ist, dass es im Lebensalltag keine Diskriminierung gibt“, sagt sie. Aber: „Die Ehe an sich ist ein Privileg zwischen Mann und Frau.“Sie hätten die Möglichkeit, Kinder zu zeugen.