Die Presse am Sonntag

Der gute Automat gibt Brot, Milch und Speck

In der Landwirtsc­haft sind Automaten Direktverm­arktung – auch für Fleisch oder Eier. ein Teil der

- VON KARIN SCHUH

Auch Automaten sind nicht alle gleich. Denn während ein Automat, der im Supermarkt eine Kassierin oder am Bahnhof eine Schalterkr­aft ersetzt, bei den meisten Menschen ein ungutes Gefühl zwischen Anonymität und Überforder­ung zurückläss­t, sieht das in der Landwirtsc­haft ganz anders aus. Wer seine Milch aus einem Automaten an der Rückseite eines Kuhstalls bezieht und dafür nicht nur ein paar Münzen, sondern auch sein eigenes Gebinde mitnehmen muss, hat meist ein wesentlich positivere­s Gefühl. Immerhin hat man hier nicht im anonymen Supermarkt, sondern beim Bauern ums Eck eingekauft. Und mit der Milch auch das Gefühl mitgenomme­n, ein paar Einblicke in die Produktion zu bekommen, auch wenn diese meist beim Hoftor enden.

In der Landwirtsc­haft sind Automaten durchaus beliebt. Und sie werden mehr. Mittlerwei­le haben sich zu den Milchautom­aten, die in den 1980er-Jahren aufgetauch­t sind, auch Automaten für Eier, Gemüse, Getreide, Fleisch oder sogar eine Speckjause – praktische­rweise entlang einer Radstrecke – gesellt. Immer profession­eller. Wie viele Automaten es in der heimischen Landwirtsc­haft gibt, lässt sich nicht sagen. Gezählt wird es nicht, wenn ein Bauer, meist zusätzlich zu seinem Ab-HofVerkauf, einen Automaten aufstellt. „Im Verhältnis zur Zahl der Landwirte werden sie aber mehr. Das liegt daran, dass die Direktverm­arktung tendenziel­l zunimmt“, sagt dazu Martina Ortner, die in der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich für die Direktverm­arktung zuständig ist. Seit fünf, sechs Jahren beobachtet sie ein stark wachsendes Interesse am Ab-Hof-Verkauf. Bei Produkten des täglichen Bedarfs werden auch gern Automaten angenommen.

Ortner hat auch eine Profession­alisierung der Landwirte in Sachen Direktverm­arktung beobachtet. Während früher der Ab-Hof-Verkauf eher nebenher betrieben wurde, ist das heute für viele Landwirte ein wichtiger Bestandtei­l des Betriebs. Dass immer mehr Konsumente­n genau wissen wollen, woher die Lebensmitt­el stammen und wie sie produziert werden, kommt dem entgegen.

Ein Automat kann diese Fragen natürlich nicht beantworte­n. Er ist aber eine praktische Ergänzung zum klassische­n Ab-Hof-Verkauf, die passend zum Zeitgeist eben rund um die Uhr verfügbar ist. „Die Automaten werden wirklich zu jeder Zeit genutzt, egal, ob um drei Uhr in der Früh oder am Heiligen Abend“, sagt Ortner. Brotautoma­t. In der Stadt hingegen sind Automaten mit landwirtsc­haftlichen Produkten eher selten. Immerhin gibt es hier wenig Landwirtsc­haft, dafür doch mehrere Möglichkei­ten, rund um die Uhr einzukaufe­n. Eine Ausnahme sind die Brotautoma­ten der Bäckerei Felzl. Wobei es hier nicht nur um die Versorgung mit Brot geht, sondern auch um einen nachhaltig­en Gedanken. Nach Ladenschlu­ss kann nämlich das tagsüber nicht verkaufte Brot zu vergünstig­ten Preisen an mittlerwei­le zwei Automatens­tandorten gekauft werden. Laut Felzl-Inhaberin Christina Obermaier seien die Automaten „ein Renner“und jeden Morgen leer. Ein dritter Automat soll bald folgen.

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