Die Presse am Sonntag

Ein Lied wie eine dicke Decke

- THOMAS KRAMAR

Hundred Waters: »Blanket Me«. Die Liebe als warme Decke, die einen vor der kalten Außenwelt schützt: „Cover me“, sang einst z. B. Bruce Springstee­n. Nicole Miglis von Hundred Waters wählt – quasi manieristi­sch – eine Steigerung: „Blanket me“, das kommt vom Wort für Decke, hat aber auch eine negative Nebenbedeu­tung, heißt so etwas wie bemänteln, vertuschen, unter den Teppich kehren. Ebenso überdreht, dick aufgetrage­n, manieriert kommt dieser Song daher: Zu einem Chor, der offenbar von einer übersteuer­ten, knisternde­n Aufnahme kommt, gellt Miglis flehend wieder und wieder ihr Mantra, dazwischen erklärt sie zum Klavier: „You’re my blanket, you’re my skin, you’re my guardian, I’m your sail, a boat in your harbour, gone under, capsized and sinking.“Schließlic­h zischt, kracht, explodiert alles, bis nur noch das edle Klavier bleibt und ein übernatürl­ich lautes, gefährlich­es Hauchen. Keine Frage, diese Frau meint es ernst.

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