Das Dreirad drängt wieder auf die Straße – kommt es durch?
Ein in der Automobilgeschichte gut verankertes Fahrzeugkonzept sucht beharrlich ein Comeback. Aktuell macht der US-Amerikaner Paul Elio mit seinem sparsamen, preisgünstigen Dreiradauto von sich reden. Doch das Start-up schlingert. Eine kleine Kulturgeschi
Das Automobil ist als Dreirad auf die Welt gekommen. Vier Räder hatte der „Benz Patent-Motorwagen“von 1886 nur, wenn man das Lenkrad mitzählt, doch das glich eher einem Stellrad als unserem heutigen Volant. Also waren es zwei Räder hinten, eins vorn.
Was die Fahrstabilität in Kurven anging, wusste Carl Benz schon um bessere Lösungen (ein zweites Rad vorne). Doch die Art, wie Kutschen gelenkt wurden, hielt er für seinen fortschrittlichen Motorwagen für unpassend. Außerdem waren hohe Kurventempi bei dem Zweidrittel PS, das er seinem Gasmotörchen entlockte und das für maximal 16 km/h reichte, noch kein brennendes Thema.
Der Ingenieur löste das Problem später mit der Erfindung der Achsschenkellenkung, 1893 zum Patent angemeldet. Benzens nächster Wagen, der bereits in nennenswerter Stückzahl gebaute Velo, hatte vier Rädern.
Damit verabschiedete sich das Dreirad auch schon wieder aus dem Fokus der Automobilgeschichte. Spaß und Not. Wiewohl das Ungerade am Wagen (von fünfrädrigen Autos ist uns nichts bekannt) immer wieder erfolgreiche Ausflüge zurück auf die Straße unternahm. Dafür bedurfte oder bedarf es im Wesentlichen zweier Voraussetzungen: Spaß und Not.
Eindeutig Ersteres stand hinter der Konstruktion eines gewissen H. S. F. Morgan aus England. Sein „Threewheeler“war eine Art Motorrad für Menschen, die Angst vorm Umfallen hatten (wie er selbst) – mit zwei Rädern vorne und einem hinten. Eine leichtgewichtige, günstige Spielart des englischen Sportwagens, die sich in beachtlicher Stückzahl verkaufte.
Den Familienbetrieb Morgan gibt es heute noch, und sogar der Threewheeler ist seit einigen Jahren wieder im Sortiment. Die Einzigartigkeit seiner Erscheinung – eine gar nicht langsame, knatternde Sportbadewanne, an deren Front ein Zweizylinder in den Fahrtwind ragt – mag rechtfertigen, dass er fast ebenso teuer wie ein Porsche Cayman ist. Tranklermopeds. Als ebenfalls fruchtbarer Fabrikboden für Dreiräder erwies sich Mangel. An Geld und Material. Die Rohstoffknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg bescherte dem bescheidenen Format einen kleinen, gerechten Boom in Europa.
In Italien wurde zum Lastentransport gleich nach der Vespa die Ape ersonnen. Unverdrossen und anspruchslos motorisiert die fleißige Biene (ital. Ape) bis heute Bauern und Kleingewerbe. Mehr für ihren Charme als Werbeträger wird sie auch in Österreich vertrieben.
Als Ableitung des berühmten Motorrollers trägt die Piaggio Ape das singuläre Rad vorn, gesteuert wird per Mopedlenker.
Mio. US-Dollar
sind durch 65.341 Bestellungen bereits eingegangen (Quelle: eliomotors.com).
Wie die österreichischen, typischerweise roten und stets eine blaue Zweitaktfahne hinter sich her ziehenden „Tranklermopeds“, die bis in die 1990er führerscheinlosen Landbewohnern die wettergeschützte Fahrt zum Wirten ermöglichten. Messerschmitt. In Deutschland erlebten Dreiräder nach dem Krieg eine Blüte – bevor die Menschen zu etwas Wohlstand kamen und sich ein viertes Rad ausging. BMW rettete ein solches Modell nach Historikeransicht gar die Existenz. Zwar hatte die Marke Luxusautos für Käufer, die auch nach dem Krieg gut dastanden, doch nichts fürs Volumen, für die Massen.
Um keine Neuentwicklung stemmen zu müssen, suchte man nach fertigen Konzepten, die man in Lizenz bauen könnte. Fündig wurde man in Italien, bei der nach heutigen Maßstäben abenteuerlichen Konstruktion der Mailänder Firma ISO – ein kugelförmiges Ding, in das man durch Wegklappen der Frontpartie einsteigt. Die zwei Rädchen vorn, Einzylinder hinten – den deutschen Ingenieuren gefiel’s, die BMW Isetta war geboren. Mit dem Gütesiegel der feinen Münchner Marke sicherlich nicht der geringste Straßenbewohner jener Tage, wurden über 160.000 Exemplare in sieben Jahren Bauzeit abgesetzt.
Fend, Isetta, Heinkel, ein ganzes Sortiment von Messerschmitt Kabinenrollern – bis Mitte der Neunzehnsechziger verschwanden diese kuriosen Geschöpfe ebenso schnell, wie sie gekommen waren. Mr. Bean fährt aus. Im zuweilen spleenigen Wesen des Engländers darf man erst recht erhöhtes Dreiradaufkommen vermuten. Von all den gut 200 gelisteten Dreiradherstellern, die jemals irgendwo auf der Welt ein motorisiertes Fahrzeug mit einem Rad zuwenig auf die Gasse entließen, entfällt der Löwenanteil auf Großbritannien. Wer etwa den Reliant Robin nicht kennt, hat noch nie eine Folge von Mr. Bean gesehen. In diesem Fall, Achtung, der Spoiler: Das Dreirad kippt immer um.
Eine am Ende doch etwas lästige Eigenart, die dafür sorgte, dass wir uns heute in aller Regel entweder auf zwei oder vier Rädern bewegen.
Oder sollte sich daran doch noch etwas ändern?
Einen beherzten Versuch unternahm Volkswagen, oder genauer: die US-amerikanische Division des Konzerns. Auf dem US-Markt herrschte Anfangs der Nullerjahre eine Alles-istmöglich-Stimmung, die sich in einem Wettkampf um spektakuläre Prototypen für Automessen manifestierte, beziehungsweise in der Geneigtheit der Bosse, den ein oder anderen Showstopper auch tatsächlich in Serie gehen zu lassen.
So wie den GX3, ein, wie der Name schon sagt, Dreirad. Sicherlich kein Substitut für Volumenmodelle, sollte der 125 PS starke Zweisitzer die Thrills des Motorradfahrens ohne dessen Risiko erlebbar machen – und der nicht allzu coolen Marke VW einen Imageschub bescheren.
Die Technik ausgefeilt – ein bewährter Vierzylinder aus Massenproduktion, Kettenantrieb –, das Design ein Eyecatcher, sogar der Preis stand mit etwa 17.000 Dollar bei der Präsentation im Jahr 2006 schon fest.
Dass die Verantwortlichen kalte Füße bekamen und aus der Serienproduktion nichts wurde, lag nicht an der Finanzkrise, von der man zu der Zeit noch nichts ahnte. Man fürchtete viel-
Ein Dreirad rettete die Existenz eines namhaften deutschen Autoherstellers. Wer den Reliant Robin nicht kennt, hat noch nie eine Folge von Mr. Bean gesehen.
mehr die Klagefreudigkeit der Amerikaner, die einem bei einem Produkt, mit dem man sehr wohl etwas falsch machen kann, gewaltig Zores machen könnte. Ein Umbau zur Deppensicherheit hätte den GX3 wohl seiner prickelnden Schärfe beraubt (allen Zores und Milliardenstrafen holte VW später mit dem Abgasbetrug nach).
Das ausgeflippte Sportgerät nach Vorbild des GX3 brachte dann der USHersteller Polaris unter dem vielversprechenden Namen Slingshot (Steinschleuder) auf den Markt. Die Lösung. Und geht es nach Paul Elio, kommt demnächst eine entschieden vernünftigere Variante hinzu. Oder besser gesagt: Sollte schon längst. Seit 2014.
Keine Frage: Das Projekt Elio Motors ist im Verzug. Angesagt war eine gänzlich neue Richtung, die Mobilität in den USA nehmen sollte. Der Automobilmanager Elio verkündete, dass Autos zu viel verbrauchten, zu wenig