Die Presse am Sonntag

PROTEST

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Nach dem Fest bricht über die frisch gekürten Präsidente­n rasch Kritik und Häme in Liedform herein. Nachgerade verständni­svoll zeigte sich noch Neil Young in „Campaigner“, dessen Refrain „Even Richard Nixon has got soul“lautet, und auch Randy Newman brachte seine Anliegen in „Mr. President (Have Pity on the Working Man)“wenigstens vordergrün­dig höflich vor. Dagegen unterstell­te Stevie Wonders in „You Haven’t Done Nothing“Nixon Arbeitsver­weigerung. Und mit dem Watergate-Skandal war’s mit den Freundlich­keiten endgültig vorbei. Selbst Südstaatle­r wie Lynyrd Skynyrd ätzten im Hit „Sweet Home Alabama“gegen Tricky Dick, wie Nixon nun genannt wurde: „Watergate does not bother me, does your conscience bother you?“

Auch Ronald Reagans Wirken wurde vom Pop mit Attacken quittiert. Die Ramones grölten „My Brain Is Hanging Upside Down (Bonzo goes to Bitburg)“, die Damned brüllten „Bad Time for Bonzo“. Die Rapper Public Enemy forderten in „Black Steel in the Hour of Chaos“sogar „Impeach the president!“Auch ein so beliebter Präsident wie Barack Obama musste am Ende seiner Amtszeit akzeptiere­n, dass viele von ihm enttäuscht waren. Wie Anohni, die in „Obama“mit trauerumfl­orter Stimme „When you were elected the world cried for joy, we thought we had empowered the truth-telling envoy“sang. Im Weiteren klagt sie über Drohnenkri­eg und die Verfolgung von Whistleblo­wern.

Der Missmut über Donald Trump wird genreüberg­reifend formuliert. Von Rapper Kendrick Lamar bis zu Pink-Floyd-Mastermind Roger Waters reicht das Spektrum seiner Feinde. Manch eine Trump-Kritik kommt ohne Nennung des Präsidente­nnamens aus. Wie etwa das wütende „We the People“von den Hip-Hop-Veteranen A Tribe

Protestson­gs gegen Amtsinhabe­r.

J. F. Kennedy wurde von Popstars noch wie ein Heiliger verehrt. Ab dem US-Eintritt in den Vietnam-Krieg wurde auch gegen Präsidente­n gesungen.

Tom Paxton:

„Lyndon Johnson Told the Nation“(gegen Lyndon B. Johnson, 1963–1969 im Amt)

Randy Newman:

„Mr. President (Have Pity on the Working Man)“(Richard Nixon, 1969–1974)

James Brown:

„Funky President (People It’s Bad)“(Gerald Ford, 1974–1977)

Lil Wayne:

„President Carter“(Jimmy Carter, 1977–1981)

Gil Scott-Heron:

„Re-Ron“(Ronald Reagan, 1981–1989)

R.E.M.:

„Ignoreland“(George Bush Senior, 1989–1993)

Ted Nugent:

„Kiss My Ass“(Bill Clinton, 1993–2001)

Pink:

„Dear Mr. President“(George W. Bush, 2001–2009)

Anohni

(a.k.a. Antony Hegarty): „Obama“(Barack Obama, 2009–2017)

Todd Rundgren:

„Tin Foil Hat“(Donald Trump, seit 2017) Called Quest. Sein vielsagend­er Refrain mutet wie die Quintessen­z von Trumps simplizist­ischem Freund-Feind-Denken an. Er lautet „All you Black folks, you must go, all you Mexicans, you must go, and all you poor folks you must go. Muslims and Gays, boy, we hat your ways. So all you bad folks, you must go.“Einige länger dienende Künstler wie die seit 1981 aktive PunkFormat­ion D.O.A. machten einfach ein Update eines Anti-Reagan-Songs. Aus „Fucked Up Ronnie“wurde so in Windeseile ein „Fucked Up Donald“. Popmusik-Genius Todd Rundgren widmete dem Thema mehr Zeit und ätzt in seinem Song „Tin Foil Hat“trefflich: „Cause the man in the tin foil hat is tweeting like a teenage girl and fill it up with alternativ­e facts.“Aber anders als seine Vorgänger begreift Trump noch die bösesten Songs als eine Art von Ehrerbietu­ng. Man sieht, auch punkto Narzissmus stehen Politiker Popstars um nichts nach.

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